2. Ad­vents­sonn­tag (06.12.2020)

(Jes 40, 1–11; 2 Petr 3, 8–14; Mk 1, 1–8)

Pre­digt von P. Tho­mas Röhr OCT — Audioversion

Lie­be Schwes­tern und Brüder,

Trös­tet, trös­tet mein Volk, spricht eu­er Gott!“ (Jes 40, 1). Die­ser Satz hat mich vor mitt­ler­wei­le über 20 Jah­ren in der Wüs­te Si­nai sehr ge­trös­tet. Da war ich drei Mo­na­te und hat­te ge­ra­de ei­nen ziem­li­chen Durch­hän­ger. Über­haupt wa­ren dort Wor­te der Bi­bel mehr als blo­ße Wor­te. Sie be­wirk­ten, was sie sag­ten. Aber ei­gent­lich ma­chen das al­le Wor­te. Den Um­gang mit Wor­ten fin­de ich oft sträf­lich ge­dan­ken­los, nicht sel­ten ein­fach nur bö­se. Es wer­den zu vie­le Wor­te ge­sagt, die we­nig tröst­lich sind. Frei­lich müs­sen manch­mal lieb­lo­sen Men­schen die Le­vi­ten ver­le­sen wer­den, aber das soll­te man nie pau­schal tun. Es gibt vie­le Men­schen, die ei­gent­lich ganz drin­gend nur Trost­wor­te brau­chen. Sol­che Wor­te soll­ten wir nicht ver­gra­ben, nur weil es vie­le gibt, die sol­che Wor­te nicht zu ken­nen, noch zu brau­chen schei­nen. Gott sei Dank, heißt es nun in der neu­en Ein­heits­über­set­zung: „In der Wüs­te bahnt den Weg des Herrn“ (V3), statt wie frü­her: „bahnt dem Herrn den Weg.“ Die­se Ver­si­on schien zum Ad­vent und zu Um­kehr­auf­ru­fen zu pas­sen. Aber es ist uns nicht er­laubt, da­für die Hei­li­ge Schrift sei­nem ei­ge­nen An­lie­gen ge­mäß fehl­zu­über­set­zen. Wir nei­gen da­zu, im­mer nur uns selbst und un­ser Tun in den Mit­tel­punkt zu stel­len, an­statt das Schwei­gen der Wor­te und un­se­res Ak­tio­nis­mus zu üben. Dann könn­ten wir näm­lich viel­leicht Sei­ne Wor­te hö­ren und mit­hel­fen, Sei­nen Weg zu bah­nen. „Trös­tet, trös­tet mein Volk“, so ruft Gott und kommt in un­se­ren Ad­vent, auch wenn er we­nig ad­vent­lich ist oder scheint. Da gibt es Tä­ler der Trä­nen, Ber­ge und Hü­gel von mo­ra­li­schen Vor­sät­zen, die nicht über­wind­bar schei­nen. Da gibt es die Hoff­nung, dass Gott auf den krum­men Zei­len un­se­res Le­bens ge­ra­de schrei­ben kann. Und das al­les soll zur Er­fah­rung wer­den und nicht nur zu glau­ben sein. Denn man soll es se­hen (V5). Dar­um tauft der, der nach Jo­han­nes kommt, nicht äu­ßer­lich mit Was­ser, son­dern mit dem Hei­li­gen Geist (Mt 1, 8). Da wer­den die Men­schen mit ei­nem neu­en Geist er­füllt, der sie trös­tet und ver­wan­delt und er­mu­tigt, den Weg des Herrn zu bah­nen und zu ge­hen, wie der hl. Ni­ko­laus, des­sen Ge­denk­tag wir heu­te auch fei­ern. Er tat es nicht so sehr mit sei­nen Wor­ten. Das hät­ten die Kin­der si­cher ver­ges­sen. Nein, er tat es mit dem Geist sei­ner Lie­be. Plötz­lich war da wie ein neu­er Him­mel und ei­ne neue Er­de, „in de­nen die Ge­rech­tig­keit wohn­te” (2 Petr 3,13). Nicht die Him­mel ge­hen in Flam­men auf, son­dern Hoff­nungs­lo­sig­keit und Trau­er. Nicht die Ele­men­te zer­schmel­zen im Feu­er, son­dern bil­li­ge, bö­se und nichts­sa­gen­de Wor­te. Nie­mand von uns, Ge­lieb­te, wird von sich aus be­trach­tet, oh­ne Ma­kel und Feh­ler am En­de sein. Das geht auch gar nicht. Aber von Gott aus be­trach­tet wer­den wir es in Sei­ner barm­her­zi­gen Lie­be sein.
Das mö­ge uns trös­ten, das mö­ge uns Frie­den schen­ken, das mö­gen wir im Ad­vent er­war­ten, wie im­mer die­ser sich ge­ra­de für uns an­fühlt. Amen.