33. Sonn­tag im Jah­res­kreis B (17.11.2024)

(Dan 12, 1–3; 1 Joh 4, 9–15; Mk 13, 24–32)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
jetzt ist wie­der die Zeit apo­ka­lyp­ti­scher Tex­te an den nächs­ten Sonn­ta­gen. Ehr­lich ge­sagt, nervt mich das im­mer et­was, weil wir doch in un­se­rer Welt ge­nug Apo­ka­lyp­se ha­ben. Es wird ja im­mer be­haup­tet, dass die­se apo­ka­lyp­ti­schen Tex­te ei­gent­lich Trost­tex­te sein sol­len in­so­fern, als sie dar­auf ver­wei­sen, dass Gott am En­de sie­gen und die Aus­er­wähl­ten ret­ten wird. Die­se sog. „Aus­er­wähl­ten“ le­ben halt jetzt in be­dräng­ten Ver­hält­nis­sen und ha­ben ei­gent­lich kei­ne Hoff­nung mehr, dass sich ir­disch noch et­was zum Bes­se­ren wen­den kann. Die­ses Ge­fühl ha­ben tat­säch­lich lei­der vie­le Men­schen in den Kri­sen- und Kriegs­ge­bie­ten un­se­rer Er­de. Und ich wür­de ih­nen ger­ne wün­schen, dass man sie nicht nur auf ei­ne gött­li­che End­zeit ver­trös­ten müss­te.
Ehr­lich ge­sagt, kann ich mit apo­ka­lyp­ti­schen Tex­ten nicht all­zu viel an­fan­gen. Trös­ten tun sie mich auch nicht. Frei­lich hof­fe auch ich auf ei­nen neu­en Him­mel und ei­ne neue Er­de, die von Gott kom­men wer­den. Aber ich ha­be nix da­ge­gen, dass das jetzt schon ein biss­chen be­ginnt und er­fahr­bar wird. Ob mich apo­ka­lyp­ti­sche Tex­te er­mu­ti­gen, Hoff­nung zu ha­ben, sei da­hin­ge­stellt.
Wenn ich al­so er­zäh­len soll, wor­auf ich ver­traue, dann muss das nicht gleich Gott sein mit der Er­war­tung sei­nes fi­na­len En­des. Nein, dann er­in­ne­re ich mich, dass es auf die­ser Er­de im­mer wie­der über­ra­schen­de Wen­den gab. Ei­ne war si­cher der fried­li­che Mau­er­fall, an den wir in die­sen Ta­gen ge­dacht ha­ben. Aber den­ken wir auch an die All­ge­mei­ne Er­klä­rung der Men­schen­rech­te, an das Völ­ker­recht, an den Schutz von Min­der­hei­ten, an ein neu­es und ver­tief­tes Mit­welt­be­wusst­sein, an ge­walt­freie Päd­ago­gik, an das Be­mü­hen um Gleich­be­rech­ti­gung in vie­len Be­rei­chen un­se­res Le­bens und, und, und….
Das al­les wur­de nicht un­be­dingt von der Kir­che an­ge­sto­ßen, manch­mal so­gar von ihr ab­ge­lehnt. Ja, ich ver­traue dar­auf, dass Gott sei­nen Geist nicht nur Kir­chen- oder Re­li­gi­ons­mit­glie­dern gibt, son­dern vie­len Men­schen, auch oh­ne Re­li­gi­on, die mit und in die­sem Geist ver­su­chen, die Welt ein biss­chen bes­ser zu ma­chen. Und das ge­schieht ja auch.
Gott hat uns sei­nen ein­zi­gen Sohn nicht ge­sandt, um uns die Höl­le heiß zu ma­chen, son­dern da­mit wir durch ihn le­ben, und zwar schon jetzt. Das war letzt­lich auch die Mis­si­on Je­su, Men­schen schon jetzt Him­mel er­fahr­bar zu ma­chen durch sei­ne heil­vol­le und heil­sa­me Nä­he und Lie­be.
Nicht apo­ka­lyp­ti­sche Tex­te trös­ten mich, nicht die recht frag­wür­di­ge Ge­nug­tu­ung der sog. „Aus­er­wähl­ten“, wenn sie am En­de zu­schau­en dür­fen, wie die Bö­sen ih­re ewi­ge Stra­fe er­hal­ten. Nein, was mich trös­tet sind Men­schen, die trotz und in al­len Apo­ka­lyp­sen Lie­be zu le­ben ver­su­chen, und sei es noch so we­nig und ge­bro­chen.
Got­tes Lie­be, auf die ich un­be­dingt ver­traue, gibt mir Hoff­nung, Kraft und Zu­ver­sicht, und zwar für jetzt. Und ich hof­fe für die gan­ze Mensch­heits­fa­mi­lie, dass am En­de nicht die Apo­ka­lyp­se, son­dern die Lie­be al­les in al­lem ist. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)