Drei­fal­tig­keits­sonn­tag 2025 (15.06.)

(Spr 8, 22–31; Röm 5, 1–5; Joh 16, 12–15)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
als wir Pfings­ten die Stro­phen 2 und 3 von „Gro­ßer Gott, wir lo­ben dich“ aus dem Got­tes­lob Nr. 380 zum Sanc­tus san­gen, fiel mein Blick auf der Sei­te ge­gen­über auf ein Zi­tat von Karl Rah­ner: „Glau­ben heißt, die Un­be­greif­lich­keit Got­tes ein Le­ben lang aus­zu­hal­ten.“ Die­ser Satz ist seit­dem in mei­nem Her­zen und Kopf hän­gen­ge­blie­ben. Karl Rah­ner konn­te ja Sät­ze ver­fas­sen, die so lang wa­ren, dass man am En­de des Sat­zes kaum noch wuss­te, wie er an­ge­fan­gen hat. Auch war sei­ne Theo­lo­gie nicht un­be­dingt leicht zu ver­ste­hen. Aber in sei­nen geist­li­chen Schrif­ten und Auf­sät­zen schrieb er in ei­ner Wei­se, die leicht ver­ständ­lich war und zu Her­zen ging. Was mich an ihm im­mer wie­der im­po­nier­te, war sei­ne Ehr­lich­keit, sein blei­ben­des Su­chen und Rin­gen bis zum Schluss.
Ge­ra­de auch zum En­de sei­nes Le­bens hin, er starb am 30. März 1984, wur­de er nicht mü­de, al­len Theo­lo­gen und Pre­di­gern ins Stamm­buch zu schrei­ben, den Men­schen zu sa­gen, dass all‘ un­se­re Re­de von Gott im­mer nur ei­ne ana­lo­ge sein kann, al­so dass wir im­mer von Gott nur re­den kön­nen im ver­glei­chen­den Sin­ne. Wir müs­sen al­so z.B. im­mer sa­gen, dass Gott wie ein Va­ter, wie ei­ne Mut­ter, ist, aber im­mer un­end­lich viel mehr.
Es ist im­mer zu­tiefst pro­ble­ma­tisch, wenn wir beim Re­den über oder Spre­chen mit Gott so tun, als wä­re mit ihm al­les klar, als wüss­ten wir ge­nau, was Gott will oder nicht. Da wur­den und wer­den lei­der oft Gren­zen über­schrit­ten, wird geist­li­che Macht miss­braucht und Got­tes Ge­heim­nis ver­letzt.
Ei­nen der schöns­ten und tiefs­ten Got­tes­na­men sind die he­bräi­sche Buch­sta­ben „JAWH“, die das Ge­heim­nis „Gott“ un­aus­sprech­lich ma­chen, und das zu­recht. Die­se vier Buch­sta­ben als „Herr“ wie­der­zu­ge­ben, ist äu­ßerst pro­ble­ma­tisch, ge­nau­so wie „Va­ter, Sohn und Hei­li­ger Geist“ für die Drei­fal­tig­keit. Die­se Wor­te sug­ge­rie­ren ei­ne vor­ran­gi­ge Männ­lich­keit in Gott, was ganz und gar falsch ist. Auch in der Wort­wahl soll­te man das un­aus­sprech­li­che Ge­heim­nis Got­tes ach­ten.
Ein Na­me für Gott ge­fällt mir aus­ge­spro­chen gut, näm­lich das Wort „Du“. Es drückt Nä­he und Ver­trau­en aus, was im Be­zug auf Gott wohl das Wich­tigs­te ist. Je­sus hat die­se Hal­tung in Be­zug auf Gott be­stä­tigt, in Wor­ten und hei­len­den Ta­ten.
Na­tür­lich ist es heut­zu­ta­ge nicht leich­ter ge­wor­den, an ein „Du“ zu glau­ben. Vor 2000 Jah­ren war die Er­de re­la­tiv über­sicht­lich und der Him­mel nicht fern. Wer auf ei­nen ho­hen Berg stieg, konn­te fast in den Him­mel piek­sen. Heu­te wis­sen wir um die un­er­mess­li­che und un­vor­stell­ba­re Aus­deh­nung un­se­res Uni­ver­sums und um das Pro­blem, ein „Du“ dar­in zu den­ken oder sich vor­zu­stel­len. Viel­leicht be­zog Karl Rah­ner sei­nen Satz auf die vie­len Un­be­greif­lich­kei­ten des mensch­li­chen und ir­di­schen Le­bens, die es uns manch­mal sehr schwer ma­chen kön­nen, an ei­nen Gott der Lie­be zu glau­ben.
Und es mag Men­schen ge­ben, die das Ge­heim­nis „Gott“ in ei­ner Tie­fe er­fah­ren ha­ben, wie es vie­len nicht ge­ge­ben ist. Aber nie­mand kann und darf sei­ne Er­fah­rung oder Über­zeu­gung an­de­ren auf­drän­gen, oh­ne da­bei grenz­wer­tig oder miss­bräuch­lich zu sein.
Lasst uns ein­fach die „Un­be­greif­lich­keit Gott“ be­ken­nen. Lasst uns be­ken­nen, dass die­se Un­be­greif­lich­keit „Lie­be“, dass sie lie­bens­wert und ver­trau­ens­wür­dig, trotz und in al­lem, ist.
Und lasst uns um Got­tes wil­len nicht zu schnell Got­tes­be­scheid­wis­ser sein, son­dern Got­tes­freun­de und Gott­ver­lieb­te. Denn wir sind Got­tes ge­lieb­te Kin­der, nicht nur die Men­schen, son­dern al­le sei­ne Ge­schöp­fe. So lasst uns Mund für al­le un­se­re Ge­schwis­ter sein, für al­le Men­schen und Ge­schöp­fe, in­dem wir aus gan­zem Her­zen „Amen“ sa­gen, so sei es. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)