(Mal 3, 1–4; 1 Kor 12,31 – 13,13 (2. Les. 4. So im Jk); Lk 2, 22–40)
Liebe Schwestern und Brüder,
in der 1. Lesung aus dem Buch Maleáchi hieß es in Vers 3: „Dann werden sie dem Herrn die richtigen Opfer darbringen.“ Irgendwie ist dieser Satz bei mir hängengeblieben, besonders auch die ganze Opferproblematik. Wir haben ja eben im Evangelium gehört, wie die Eltern Jesu als Juden das Gesetz erfüllten und ihr Opfer dargebracht haben. Dafür mussten ein paar Turteltauben oder zwei junge Tauben sterben.
Es sei mir verziehen, dass ich von dieser Art des Opferns nicht viel verstehe, auch wenn ich weiß, dass bis heute Menschen, Tiere und Geschöpfe für verschiedenste Interessen geopfert werden. Also Opfer gibt es schon noch bis heute, leider viel zu viele.
Aber um diese Art des Opferns geht es heute nicht. Seit Urzeiten werden in Religionen Göttern Opfer gebracht, weil man sehr menschlich dachte, Opfer könnten den Göttern gefallen, sie besänftigen und Sühne für die Sünden erwirken. Vermutlich hat sich niemand gefragt, ob die Götter das wirklich brauchen. Auch in der Bibel wird nicht hinterfragt, was hinter dem ganzen Opfergedanken für ein Gottesbild steckt. Aber in den Prophetenbüchern findet man schon Opferkritik, weil Opfer dazu geeignet waren, sich vom Gebot der Liebe zu befreien und aus Gott einen Handelspartner zu machen. Die Opferpraxis war und ist oft die Verletzung des Gebotes, sich kein Bild von Gott zu machen. Denn das Bild von Gott, das Opfer nötig hat, macht aus Gott einen verletzten Patriarchen, dem man Genugtuung zu leisten hat.
Jesus hat mit seinem Abba-Gott diesen Opferkult damals nicht abgeschafft, aber indirekt kritisiert. In letzter Konsequenz freilich wurde im Rahmen des Liebesgebotes der Opferkult überflüssig und das Personal, das davon lebte, auch. Kein Wunder also, dass jemand, der das System angreift, beseitigt werden muss. Aber wie schon oft gesagt: das Liebesgebot Jesu war nicht seine Erfindung. Es schwebte immer schon als roter Faden durch seine heilige, hebräische Schrift, die die Christen etwas abfällig als „Altes Testament“ bezeichnen. Auch wurde im Christentum der Opferkult aus verschiedensten Gründen wiederbelebt, bis hin zu dem Wort „Messopfer“, das man auch statt „Eucharistie“ gebraucht. Damit hat man letztlich irgendwie auch den Gott der Liebe verlassen. Zudem scheint es, als hätte man wieder das Prinzip der Leistungsfrömmigkeit gefördert und ein Gottesbild, das eher zum Fürchten als zum Lieben war.
Nochmal: auch das Erste Testament kennt den roten Faden der Liebe, die Gott immer am Wichtigsten war und die Jesus im Doppelgebot der Liebe aus dem Ersten Testament zitierte und wieder auf den Punkt brachte.
„Menschlich“ können Opfer nur im Zusammenhang der Liebe sein. Um der Liebe willen hat Jesus das Opfer des Kreuzes angenommen. Um der Liebe willen bringen auch Eltern, und besonders Alleinerziehende, manche Opfer für ihre Kinder, pflegen Kinder ihre Eltern und opfern viel Zeit, Kraft und Liebe, manchmal auch bis an den Rand ihrer Möglichkeiten. Dafür sei allen Danke gesagt, dafür verdienen alle nicht nur lobende Worte, sondern auch mehr finanzielle Wertschätzung.
Die Liebe wirklich zu leben, ist oft nicht leicht. Aber sie opfert niemals andere und anderes, höchstens sich selbst aus oben genannten Gründen. Diese Liebe ist das Licht der Welt, das wir heute noch einmal feiern.
Am Ende aber wird nur eine Liebe unsere Hoffnung sein, nämlich jene, die in Jesus Hand, Fuß und Herz bekommen hat. Und diese Liebe war ganz und gar ein Sakrament jenes Gottes, der sich selber nach Liebe sehnt und nichts anderes als Liebe will.
Das erkannten im heutigen Evangelium die Senioren Hanna und Simeon, als sie in dem Kind das Licht der Liebe Gottes leuchten sahen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)