Hoch­fest Christ­kö­nig (20.11.2022)

(Hos 11, 1–4,8; Kol 1, 12–20; Lk 23, 35b-43)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
es gibt im­mer mehr Stim­men, die mei­nen, dass das Hoch­fest Christ­kö­nig aus der Zeit ge­fal­len ist und ei­gent­lich ab­ge­schafft ge­hört. Der Theo­lo­ge und Pro­fes­sor Nor­bert Scholl schlägt vor, statt­des­sen ein „Fest der Men­schen­freund­lich­keit Je­su“ zu fei­ern und be­zieht sich da auch auf die Pas­to­ral­kon­sti­tu­ti­on „Gau­di­um et Spes“ des Zwei­ten Va­ti­ka­ni­schen Kon­zils. Ich selbst fin­de die­sen Ge­dan­ken sehr schön, auch wenn ich weiß, dass es vie­le gibt, die gar kei­nen An­lass se­hen, über­haupt dar­über nach­zu­den­ken.
Die Fra­ge ist doch, ob wir Je­sus wirk­lich als Kö­nig brau­chen und ob Je­sus selbst dar­auf gro­ßen Wert le­gen wür­de, wohl eher nicht. Die Evan­ge­li­en be­zeu­gen, dass er sich ger­ne als „Men­schen­sohn“ be­zeich­net hat. In die­sem Wort drückt er klar und deut­lich aus, wo er ste­hen möch­te: nicht über den Men­schen, son­dern ne­ben ih­nen in all ih­ren Ge­bro­chen­hei­ten und ih­rem Be­grenzt­sein.
Wenn der Kólloss­erbrief in der 2. Le­sung be­haup­tet, dass Je­sus „das Bild des un­sicht­ba­ren Got­tes“ sei (Kol 1, 15), dann iden­ti­fi­ziert sich doch das Ge­heim­nis Got­tes klar mit die­sem Men­schen­sohn, so sehr, dass al­les, was die­ser Men­schen­sohn sagt und tut, Gott sel­ber sagt und tut, dann ist das Schick­sal des Men­schen­soh­nes zu­gleich das Schick­sal Got­tes.
Für die Jün­ge­rin­nen und Jün­ger Je­su war der schänd­li­che Tod Je­su am Kreuz ei­ne Ka­ta­stro­phe und Glau­bens­prü­fung. Denn wer am Kreuz hängt, galt als von Gott ver­flucht und ver­las­sen.
Die­ser Gott aber hat kein In­ter­es­se an tri­um­pha­lis­ti­schen Kö­nigs­ze­re­mo­nien, an Macht­de­mons­tra­tio­nen und Hier­ar­chien, die ein Oben und Un­ten sank­tio­nie­ren. Die­ser Gott will eben nicht ge­fürch­tet und als ei­ne Art Ober­staats­an­walt miss­braucht wer­den, der nichts bes­se­res zu tun hat, als klein­lich al­le Sün­den der Men­schen auf­zu­schrei­ben und sie am En­de an­ge­mes­sen zu be­stra­fen. Nein, die­ser Gott kreu­zigt und be­straft nicht nach kö­nig­li­cher Men­schen­art. Er lässt sich lie­ber als Ver­bre­cher zwi­schen Ver­bre­chern auf­hän­gen, um bis zum Äu­ßers­ten die Macht­lo­sig­keit sei­ner Lie­be zu be­zeu­gen und zu be­kräf­ti­gen.
Hier wird nur Miss­brauch mensch­li­cher Macht de­mons­triert und ein Gott, der rein gar nix mit ei­nem sol­chen Den­ken zu tun hat. Kein Wun­der, dass man am En­de mit ei­nem sol­chen Gott kei­nen Staat ma­chen kann und nur Spott und Hohn für ihn üb­rig hat.
Wie tröst­lich und er­mu­ti­gend ist die Zu­sa­ge Je­su am Kreuz für den ei­nen Ver­bre­cher, dass er noch heu­te mit Je­sus im Pa­ra­die­se sein wird (Lk 23,43), nur weil die­ser zu sei­nem Ver­sa­gen steht und bit­tet: „Je­sus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ (Lk 23,42). Aber was heißt hier „nur“? Wie schwer fällt es uns Men­schen im­mer wie­der, zu un­se­ren krum­men Zei­len des Le­bens zu ste­hen, an­statt im­mer nur die Um­stän­de oder an­de­re für das ei­ge­ne Ver­hal­ten ver­ant­wort­lich zu ma­chen. Wie dem auch sei und wie fast un­mög­lich für uns vie­les un­be­greif­lich bleibt: Gott will in Je­sus nicht ge­fürch­tet, son­dern ge­liebt wer­den, so­gar um den Preis des Ge­kreu­zigt­wer­dens.
Wenn wir die Tex­te des heu­ti­gen Ta­ges al­so recht be­den­ken, dann wä­re ein Um­be­nen­nen des Fes­tes in „Fest der Men­schen­freund­lich­keit Je­su“ durch­aus be­rech­tigt und zeit­ge­mäß. Für die­se Men­schen­freund­lich­keit Je­su lasst uns nicht nur im Got­tes­dienst in Wort und Tat „Dan­ke“ sa­gen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)

(P. Tho­mas Röhr OCT)