Wenn wir heute ein Glaubensbekenntnis sprechen, so geschieht dies wohl vor allem in einem Gottesdienst. Es lohnt sich, einmal zu fragen, was ich wirklich glaube, was hinter den kirchlichen Lehrsätzen steckt, die ich gewohnheitsmäßig mitspreche. Noch viel spannender kann es sein den Fragen nachzugehen, die sich um den Menschen Jesus von Nazareth ranken, wer er war, was ihm wichtig war, wofür er gelebt hat, wofür er starb.
Menschen, die sich heute als Christen bekennen, können sich beim genaueren Hinsehen oder Hinhören zu ganz verschiedenen Glaubensinhalten bekennen. Sich zu Jesus bekennen erfordert zunächst, ihn kennenzulernen, ihm zuzuhören, nie auszulernen, ihm wieder und aufs Neue gut zuhören, sich auf ihn einlassen. Mehr und mehr kann sich so eine ganz neue Welt erschließen. Für Menschen, die ihn und seine Botschaft entdeckt haben, ist sie wie ein unvergleichlich wertvoller Schatz.
Warum aber stieß Jesus auch auf starken Widerstand, selbst bei denen, die ihm anfangs begeistert gefolgt sind, sich dann aber nicht mehr zu ihm bekennen konnten? Etwas an seiner Botschaft ist verstörend anders, so sehr, dass der ganze Mensch davon ergriffen wird, ihm eine ganz neue Sichtweise auf Gott, Menschen und sich selbst geschenkt wird. Seine Botschaft ist ebenso umfassend befreiend, ermutigend und aufbauend wie sie tiefgreifend herausfordernd und aufrüttelnd ist. Fast hat man den Eindruck, wenn man das heutige Evangelium liest, sie hat etwas, womit man vorsichtig sein müsse, etwas, das man sich nur zuflüstern kann (V 27). Seine Verwandten hielten Jesus für verrückt. Was ist so absurd und unmöglich?
Es ist normalerweise nicht anstößig, Wohltätigkeit und Mitmenschlichkeit zu üben. Anstößig aber ist die Radikalität der Liebe, der Hoffnung, des glaubenden Vertrauens, die über jedes Maß, ja über jedes gängige Gerechtigkeitsempfinden hinausgeht, die die Kraft hat, alles gewohnte Denken umzuwälzen, gesellschaftliche Schranken aufzubrechen und das Miteinander völlig neu zu gestalten. Die Evangelien sind voll von solch verblüffenden Geschichten und Gleichnissen, die Jesus erzählt hat. Die unerhörte Freiheit, mit der er spricht und handelt, wurzelt in seinem Glauben und Vertrauen in Gott, „der Liebe ist“, der liebt ohne jede Voraussetzung und ohne jedes Maß. Muss nicht gerade dieser Glaube im Zentrum jedes christlichen Bekenntnisses stehen?! Und ist nicht auch gerade dieser Glaube mit seiner ganzen Tragweite für viele von uns Christen äußerst anstößig?
Auch wenn sie durchaus nicht harmlos ist, die Botschaft soll gehört, besser noch, zur Erfahrung werden. Was würde Jesus heute dazu sagen? Mehr noch als sich zu ihm zu bekennen läge ihm vermutlich daran, darauf hin zu leben, was ihm selbst so viel bedeutet hat, wovon er ganz erfüllt war. Dies wäre dann ein echtes Herzensbekenntnis.
A. Teuber