Palm­sonn­tag 2021 (28.03.)

(Jes 50, 4–7; Phil 2, 6–11; Mk 11, 1–10)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
„wir fol­gen dem Herrn auf sei­nem Lei­dens­weg und neh­men teil an sei­nem Kreuz, da­mit wir auch An­teil er­hal­ten an sei­ner Auf­er­ste­hung und sei­nem Le­ben“, so oder ähn­lich soll der Pries­ter laut Mess­buch die Ge­mein­de am Palm­sonn­tag be­grü­ßen. Ja, wir wer­den das Lei­den und Ster­ben Je­su be­trach­ten, an sei­ne letz­ten, schmerz­li­chen Le­bens­stun­den den­ken. Aber ich glau­be, ich will ihm nicht auf sei­nem Lei­dens­weg fol­gen, noch mag ich mir ein­re­den, ich könn­te an sei­nem Kreuz teil­neh­men. Ich glau­be, ich kann es nicht, schon aus Re­spekt vor Je­sus nicht in sei­nem ganz per­sön­li­chen Leid. Aber auch des­we­gen nicht, weil mir nicht wirk­lich klar ist, was das im Letz­ten be­deu­tet. Ich kann und mag mich in die Not ei­nes Men­schen ein­füh­len wol­len. Aber wie er sie trägt und er­lebt, da­von weiß ich nichts. Ver­ges­sen wir auch in der Kar­wo­che nicht, wor­um es Je­sus vor al­lem zu Leb­zei­ten im­mer wie­der ging: Not zu lin­dern oder gar weg­zu­neh­men, freud­vol­les Le­ben und Lie­ben zu er­mög­li­chen und dies zum Sa­kra­ment der lie­be­vol­len Nä­he Got­tes zu er­klä­ren. In die­sem Geist war Je­sus un­ter­wegs, in die­sem Geist zog er in Je­ru­sa­lem ein, für und in die­sem Geist starb er am Kreuz. Es ist die gro­ße Fra­ge, ob wir wirk­lich be­reit wä­ren, aus die­sem Grun­de Je­sus bis in die letz­te, schmerz­vol­le Kon­se­quenz zu fol­gen. Ich scheue mich, für mich selbst solch gro­ße Wor­te in den Mund zu neh­men. Es wird schon schwer ge­nug sein, wirk­lich dem Geis­te Je­su zu fol­gen auch und ge­ra­de in je­nen Zei­ten, in de­nen wir mo­men­tan le­ben müs­sen.
Wenn ich mir al­so ei­ne „Bril­le“ auf­set­zen möch­te, um die fol­gen­den Ta­ge zu be­trach­ten, dann ist es vor al­lem ei­ne Bril­le der Dank­bar­keit für je­nen Geist, den Je­sus ver­kün­digt, heil­sam ge­lebt und in dem er auch ge­stor­ben ist. Auf die­sen Geist Je­su will ich mich ein­las­sen, auch wenn es manch­mal schwer ist.
Der Esel sei mir heu­te Sa­kra­ment für Got­tes zar­te und ge­walt­freie Lie­be in Je­sus. Die grü­nen Zwei­ge sind mei­ne Hoff­nung auf Je­sus und dar­auf, dass Gott uns schen­ken mö­ge, aus dem Geist Je­su zu le­ben, uns ihm im­mer wie­der neu zu öff­nen.
„Gott, der Herr, wird mir hel­fen“, hieß es heu­te bei Je­sa­ja im sog. „3. Got­tes­knecht­lied“ (Jes 50, 7). Mö­ge er auch uns je­den Mor­gen das Ohr und Herz öff­nen, da­mit wir auf­mun­tern­de Wor­te fin­den, um Er­mü­de­te zu stär­ken (V4) und vor al­lem auf das zu hö­ren, was Je­sus mit sei­nem Le­ben, Ster­ben und Auf­er­ste­hen an­ge­sto­ßen hat: dass Got­tes Geist ein heil­sa­mer, le­ben­dig ma­chen­der und lie­be­vol­ler ist, wo und wie im­mer der uns be­geg­net. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)