Pfings­ten (23.05.2021)

(Apg 2, 1–11; 1 Kor 12, 3b‑7.12–13; Joh 20, 19–23)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
in der Apos­tel­ge­schich­te hieß es heu­te: „al­le wa­ren zu­sam­men am sel­ben Ort“ (V1) und: „al­le wur­den vom Hei­li­gen Geist er­füllt“ (V4). In die­sem „Al­le“ sind nicht nur die 11 Apos­tel ge­meint, die mit dem Emp­fang des Hei­li­gen Geis­tes jetzt et­wa an­de­ren et­was vor­aus hät­ten. Nein, in die­sem „Al­le“ sind al­le ver­sam­melt, die sich im sog. „Ober­ge­mach“ ver­sam­melt hat­ten, um ge­mein­sam zu be­ten: die na­ment­lich ge­nann­ten 11 Apos­tel, „zu­sam­men mit den Frau­en und Ma­ria, und sei­nen Brü­dern” (Apg 1, 13–14). Wenn man so will, ist das der Kern der Ur­ge­mein­de, die am Pfingst­tag von der Her­ab­kunft des Hei­li­gen Geis­tes mehr oder we­ni­ger über­rascht wird. Viel­leicht soll­ten wir uns al­le in die­ses „Al­le“ mit ein­fü­gen, denn die bi­bli­schen Ge­schich­ten wol­len ja nicht nur Er­in­ne­rung, son­dern vor al­lem Ge­gen­wart und Zu­kunft sein. „Al­le wur­den vom Hei­li­gen Geist er­füllt“ (V4) und eben nicht nur ei­ni­ge we­ni­ge Aus­er­wähl­te. Al­le zu­sam­men sind je­ne „Welt­kir­che“, die oft be­schwo­ren wird, wenn es um kon­kre­te, drin­gend not­wen­di­ge Schrit­te in Orts­kir­chen geht, sie aber ab­wie­gelt und sich in Angst ver­schließt (Joh 20, 19). In ge­wis­ser Wei­se aber ist das ein ganz mensch­li­ches Pro­blem, das uns al­le be­trifft. Denn wer hät­te nicht Angst vor Ver­än­de­rung, Angst, lieb­ge­wor­de­ne und ver­trau­te Ge­wohn­hei­ten zu las­sen, Angst vor schein­bar nicht greif­ba­ren und kal­ku­lier­ba­ren Ri­si­ken und Ne­ben­wir­kun­gen des Le­bens. Wie oft ver­schließt man dann sel­ber die Tü­ren des Her­zens und des Ver­stan­des und schlit­tert se­hen­den Au­ges in ein noch grö­ße­res Un­glück.
Pfings­ten er­mu­tigt uns Gott sel­ber, an le­bens­för­der­li­che Ver­än­de­rung und Be­frei­ung zu glau­ben, durch die un­ver­hofft ge­schenk­te „Kraft von oben“. Gott er­mu­tigt uns, von der Angst und Ver­schlos­sen­heit zu las­sen, um Um­kehr und neue We­ge zu wa­gen, die mehr So­li­da­ri­tät, mehr Ge­rech­tig­keit und Be­wah­rung der Schöp­fung be­deu­ten. „Fas­sungs­los vor Stau­nen“ (Apg 2, 7) ma­chen un­se­re Pre­dig­ten Frem­de schon lan­ge nicht mehr. Zu oft und zu sehr spre­chen sie nicht mehr den Men­schen zu Her­zen. Aber viel­leicht geht es nicht zu­erst um Pre­dig­ten, son­dern um tat­kräf­ti­ge Lie­be, die im­mer kon­kret wer­den will für Men­schen, für Ge­schöp­fe, für die gan­ze Schöp­fung. Es gibt schon ei­ne Spra­che des Her­zens, die al­le Men­schen und Ge­schöp­fe ver­ste­hen. Mö­ge uns das Pfingst­fest al­le er­mu­ti­gen, an Got­tes Geist und ver­än­dern­de Kraft zu glau­ben. Sie will auch uns heu­te öff­nen für neue We­ge und will uns be­we­gen, We­ge der Lie­be zu ge­hen in ge­mein­sa­mer Ver­ant­wor­tung für un­se­re ei­ne Welt, die Got­tes Ei­gen­tum und Schöp­fung ist. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)

Lich­tri­tus am Pfingstsonntag

Ein­füh­rung
Mit dem heu­ti­gen Tag en­det die Os­ter­zeit. Am Feu­er der Os­ter­ker­ze, die wir fei­er­lich in der Os­ter­nacht am Os­ter­feu­er ent­zün­det ha­ben, wol­len wir um sie­ben Ga­ben des Hei­li­gen Geis­tes bit­ten. Für je­de Ga­be ent­zün­den wir ei­ne Ker­ze (oder Tee­licht) vom Feu­er der Os­ter­ker­ze.
Mö­gen die­se sie­ben Ga­ben des Hei­li­gen Geis­tes in uns und in un­se­rem Le­ben leuch­ten. Mö­gen sie uns ver­wan­deln in Men­schen, die sich stets vom Geis­te Got­tes lei­ten und ent­zün­den las­sen.


Die ers­te Ker­ze steht für die Ga­be des Glau­bens, ei­nes Ver­trau­ens, das im­mer stär­ker sei als al­le Angst.

Die zwei­te Ker­ze steht für die Ga­be der Hoff­nung, da­mit je­ne bi­bli­sche Hoff­nung in uns le­ben­dig sei, die wi­der al­le Hoff­nung hofft.

Die drit­te Ker­ze steht für die Ga­be der Lie­be, die um ih­rer selbst wil­len und oh­ne war­um? liebt und Got­tes Ge­gen­wart am deut­lichs­ten zum Leuch­ten bringt.

Die vier­te Ker­ze steht für die Ga­be der Dank­bar­keit, weil sie fast al­les im Le­ben als Ge­schenk wahr­nimmt.

Die fünf­te Ker­ze steht für die Ga­be der De­mut, da­mit wir die Frei­heit ha­ben, ganz Mensch zu sein und zu wer­den.

Die sechs­te Ker­ze steht für die Ga­be der Acht­sam­keit, da­mit wir er­ken­nen, wie sehr sich al­le Ge­schöp­fe nach lie­ben­der Um­ar­mung seh­nen, uns selbst ein­ge­schlos­sen.

Die sie­ben­te Ker­ze steht für die Ga­be der Gott­su­che, da­mit wir das hei­li­ge Ge­heim­nis Got­tes in Wort und Tat hei­lig­hal­ten und es nicht mit un­se­ren Ge­dan­ken und Ge­füh­len ver­wech­seln.

Um die­se Ga­ben bit­ten wir dich heu­te im Ver­trau­en auf das Ver­spre­chen, das uns un­ser Herr und Bru­der Je­sus Chris­tus ge­ge­ben hat. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCD, Kar­mel Bir­ken­wer­der, St. Te­re­sa, 30.05. 2017)