(Ex 16, 2–4.12–15; Eph 4, 17.20–24; Joh 6, 24–35)
Liebe Schwestern und Brüder,
sicherheitshalber mache ich mir schon Gedanken für die nächste Predigt am Anfang der Woche. Dabei machen es mir die biblischen Texte nicht immer leicht, so auch die heutigen. Bei aller Liebe zum Johannesevangelium, aber manchmal lässt es mich etwas ratlos zurück. Es ist doch immer wieder recht mühsam, in dessen Gedankenwelt einzudringen. Aber dieses Mal hat mir die Deutsche Bahn einen Tipp gegeben, die mich und viele andere auch doch recht oft ratlos auf Bahnsteigen stehen lässt.
Am Dienstag bekam ich einen Newsletter der Bahn und wurde am „Welttag der Freundschaft“ eingeladen, mal wieder mit Freunden zu verreisen. Es hieß da auch: „man sagt: Freunde sind die Familie, die man sich aussucht. Wir finden: das stimmt. Und was gibt’s Schöneres, als zusammen mit der Familie neue Orte zu erkunden? Zum Tag der Freundschaft am 30.07.2024 haben wir vier tolle Tipps für Sie dabei“, soweit der Text.
Natürlich wusste ich nicht, dass es einen „Welttag der Freundschaft“ gibt, der an die Bedeutung der Freundschaft zwischen Personen, Ländern und Kulturen erinnern soll. An manchen Tagen gibt es ja gleich mehrere Welttage. Aber bei dem Stichwort „Freundschaft“ klingelten bei mir die karmelitanischen Glocken, weil Freundschaft auch ein zentrales Wort bei Teresa von Àvila war und ist, aber auch bei vielen anderen Gottesfreunden und Gottsuchern.
Den ersten Tipp im Zusammenhang mit der 1.Lesung und dem Evangelium könnte man so formulieren: lebe mit Gott nicht eine Geschäfts‑, sondern eine Freundschaftsbeziehung. Suche ihn nicht nur, wenn du was brauchst, sondern halte fest am Brot der Freundschaft mit Gott, auch wenn du gerade nicht an himmlischen Orten des Alltags und Lebens bist.
Der zweite Tipp könnte lauten: lass‘ dich auf Neues ein, auch wenn der Weg dahin mühsam und die Versuchung zur Verklärung der Vergangenheit groß sind.
Dritter Tipp: wenn Jesus im Evangelium sagt: ich bin das Brot des Lebens, dann werden wir zwar trotzdem immer wieder nach Liebe, Anerkennung und Wertschätzung hungern und dürsten. Wenn es uns aber geschenkt ist, dass wir dem Liebes- und Freundschaftsangebot Gottes zu glauben versuchen, dann ist das wirklich ein Brot des Lebens, das uns auf unseren Lebenswegen stärken und aufrichten kann.
Der vierte Tipp schließlich könnte wie folgt lauten: dieses Bemühen muss ehrlich und realistisch bleiben, weil wir immer, auch im Bemühen, Glauben zu leben, verletzliche und begrenzte Menschen bleiben. Das weiß Gott selber auch. Das Johannesevangelium tut manchmal so, als wäre dem nicht so. Aber nicht umsonst schärft der Épheserbrief gläubigen Menschen ein, sich an die Freundschaft Jesu zu erinnern, daraus zu leben und sich durch sie immer wieder verwandeln zu lassen. Darum ist ja die Mitte der Eucharistie nicht nur die Wandlung von Brot und Wein, sondern unser aller Wandlung.
Ich habe großes Verständnis für die Not der „ganzen Gemeinde der Israeliten“ und ihrem Murren in der Wüste gegen Mose und Aaron. Denn leider sind uns die Angst und das Misstrauen gerade auch in wüstigen Zeiten viel näher als das Vertrauen und das Festhalten an der ewigen Freundschaft Gottes.
Ich wünsche uns, dass wir trotz und in allem an der Freundschaft Gottes zu uns festhalten und dass wir uns durch diese Freundschaft mitreißen lassen an „Orte“, an denen Menschen Freundschaft pflegen zwischen Personen, Ländern und Kulturen. Daran mitzuwirken, ist allemal besser, als nur zu murren und Freundschaftsorte zu zerstören, statt sie mit aufzubauen. Das Mitwirken aber ist dann wirklich ein Zeichen dafür, dass das Brot des Lebens seine Wirkung entfaltet. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)