19. Sonn­tag im Jah­res­kreis B 2024 (11.08.)

(1 Kön 19, 4–8; Eph 4, 30 — 5,2; Joh 6, 41–51)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
heu­te en­den die olym­pi­schen Spie­le in Pa­ris. Es war schön zu se­hen, wie Frau­en und Män­ner aus 206 Län­dern mit­ein­an­der um Me­dail­len ge­kämpft ha­ben. Manch­mal tut es mir leid, mit welch‘ ho­hen Er­war­tun­gen die Sport­le­rin­nen und Sport­ler be­las­tet wer­den und wie trau­rig es dann ist, wenn ei­ne er­hoff­te und er­war­te­te Me­dail­le ver­passt wur­de.
Im In­ter­view nach ei­ner ver­pass­ten Me­dail­le sag­te ei­ne Sport­le­rin: „Ich bin halt ein Mensch und kei­ne Ma­schi­ne!“. Das hat mich sehr be­ein­druckt. Und die­ser Satz hät­te ei­ne Me­dail­le ver­dient.
Auch der Pro­phet Eli­ja hat­te am Berg Kar­mel beim Op­fer­wett­streit, den er in sei­nem Über­ei­fer an­ge­zet­telt hat­te, so­zu­sa­gen ei­ne Gold­me­dail­le ge­won­nen und fühl­te sich wohl un­schlag­bar. Doch als man ihm we­gen der Tö­tung der Baal­spries­ter nach dem Le­ben trach­te­te, fiel er in ei­ne tie­fe De­pres­si­on und hat­te To­des­sehn­sucht. Da­von ha­ben wir heu­te in der 1. Le­sung ge­hört. Der gro­ße Pro­phet Got­tes fühl­te sich plötz­lich so klein, ver­letz­lich, schwach und „nicht bes­ser als sei­ne Vä­ter“ (1 Kön 19,4). Da­bei müs­sen ge­ra­de von Gott für ei­nen Dienst Be­ru­fe­ne um ih­re Ver­letz­lich­keit wis­sen, da­mit sie ei­ner­seits nicht ver­ges­sen, dass sie nur aus Got­tes Kraft le­ben und da­mit sie an­de­rer­seits an der Sei­te der Men­schen mensch­lich blei­ben. Auch sie sol­len kei­ne from­men Hoch­leis­tungs­ma­schi­nen sein, son­dern ver­letz­li­che und be­grenz­te Men­schen, um an­de­re Men­schen in ih­ren Be­grenzt­hei­ten zu ver­ste­hen und ih­nen Schwes­ter und Bru­der zu blei­ben. Auch als Got­tes Pro­phe­tin oder Pro­phet gilt das, was im Éphe­ser­brief heu­te steht: „Ahmt Gott nach als sei­ne ge­lieb­ten Kin­der und führt eu­er Le­ben in Lie­be“ (Eph 4,5).
Vor Gott geht es oh­ne­hin nicht um re­li­giö­sen Hoch­leis­tungs­sport, noch um an­de­re, au­ßer­ge­wöhn­li­che Be­ga­bun­gen.
Im Evan­ge­li­um wird Je­sus ab­ge­lehnt, weil er zu mensch­lich da­her­kommt. Man meint zu wis­sen, wie ein Gott­ge­sand­ter zu sein hat und kann nicht ak­zep­tie­ren, dass er kei­ne gött­li­che Ma­schi­ne, son­dern ein­fach nur ein ge­wöhn­li­cher Mensch ist.
Wer könn­te sich noch et­was auf sei­nen Glau­ben ein­bil­den, wenn er doch nur zu Chris­tus fin­den kann, wenn der Va­ter ihn zu ihm zieht? (Joh 6, 49)
Je­sus kann „das Brot des Le­bens“ sein, weil er ein Mensch ist und nie­man­den mit sei­ner gött­li­chen Her­kunft er­schlägt.
Eli­ja wird von Gott an­ge­rührt und neu ge­stärkt, da­mit sein Le­bens­weg nicht zu weit für ihn wird.
Im Evan­ge­li­um wer­den die Pro­phe­ten mit ei­nem Satz zi­tiert, der be­mer­kens­wert ist: „Und al­le wer­den Schü­ler Got­tes sein!“ (Joh 6,45). Nie­mand darf sich Stell­ver­tre­ter Got­tes nen­nen oder so tun, als wüss­te er ganz ge­nau, was Got­tes Wil­le ist. Das ge­bro­che­ne und ver­letz­li­che Mensch­sein er­in­nert uns dar­an, dass wir al­le, wirk­lich al­le, Schü­ler Got­tes blei­ben und sind, da­mit am En­de al­le, wirk­lich al­le, Men­schen­ge­schwis­ter sind und blei­ben und sich nie­mand, schon gar nicht im Na­men Got­tes, über an­de­re er­he­ben kann.
Ob mit oder oh­ne Me­dail­le: je­der bleibt ein Mensch, so be­wun­derns­wert man­ches ist, was voll­bracht ist. Dan­ken wir für al­le, die uns er­lau­ben, ein Mensch zu blei­ben. Gott er­laubt es uns al­le­mal. Am En­de gilt im­mer der Vers aus dem Éphe­ser­brief: „Ahmt Gott nach als sei­ne ge­lieb­ten Kin­der und führt eu­er Le­ben in Lie­be“ (Eph 5, 1+2).
Dar­in aber ist uns ge­ra­de je­ner ein un­nach­ahm­li­ches Vor­bild ge­wor­den, von dem es heu­te im Evan­ge­li­um heißt: „Ich bin das Brot des Le­bens“ (Joh 6, 48). Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)