(Am 8, 4–7; 1 Tim 2, 1–8; Lk 16, 1–13)
Liebe Schwestern und Brüder,
der Prophet Amos, der im 8. Jahrhundert v.Chr. im Nordreich Israel lebte, spricht eine ziemlich deutliche Sprache, die auch heute noch zeitgemäß klingt. Eigentlich bedarf sie keiner weiteren Erklärung. Es gibt Menschen, die für die Gewinnmaximierung über Leichen gehen. Es gibt Strukturen, kirchlich oder gesellschaftlich, wo der Mensch eindeutig nicht mehr im Mittelpunkt steht, sein Wohl auch nicht. Wir wissen alle, dass Hauptsache „billig“ irgendwie immer mit Unrecht und Ungerechtigkeit zu tun hat. Nicht alle kaufen billig, weil sie geizig sind. Viele müssen wirklich jeden Cent zweimal umdrehen.
Amos, ist ein Prophet, der, wie viele Propheten, nicht irgendwelche Frömmigkeit einfordert, sondern im Namen Gottes scharfe Sozialkritik übt. Gottes- und Nächstenliebe gehören nicht erst seit Jesus zusammen, sondern schon im Ersten Testament. Denn Gott war immer vor allem an Gerechtigkeit interessiert, an einer alltäglich praktizierten Liebe, die sich Ungerechtigkeiten verweigert und sich vehement für die Armen, Ausgenutzten und Abgehängten einsetzte. Es ist immer wieder erstaunlich, wie großartig wir oft ins Auge fallende Frömmigkeit finden, statt alltäglich praktizierte, oft verborgene, Menschlichkeit. Denn bei Amos sind jene gott-los, die Unrecht praktizieren, mögen sie auch noch so auffällig religiös praktizierend sein. Bis heute flieht man vor dem Anspruch der Liebe in Frömmelei, in angebliche Rechtgläubigkeit, in kleinkariertes und selbstgerechtes Moralisieren und aufdringliches Zeugnisgeben. Freilich können wir Gott und dem Mammon dienen. Das haben wir doch schon genügend bewiesen. Aber vielleicht müsste man eher sagen, dass man natürlich nicht dem biblischen Gott dient, wenn der Mammon mein insgeheimer Gott ist. Wo dies praktiziert wird, geht es den Menschen und der Menschlichkeit schlecht.
Möge doch das viele Geld, das oft plötzlich da ist, für die Schaffung von Strukturen ausgegeben werden, in denen der Mensch, sein Wohl und seine Zufriedenheit im Mittelpunkt stehen. Für religiöse Menschen wäre das dann ein Zeichen für wirklich gottgemäß gelebten Glaubens. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)