3. Sonn­tag im Jah­res­kreis B (24.01.2021)

(Jo­na 1–4; 1 Kor 7, 29–31; Mk 1, 14–20)

Au­dio­ver­si­on

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,

wenn man sich ein neu­es Buch im La­den kau­fen möch­te, dann schaut man auf den sog. „Klap­pen­text“, der ei­ne be­son­de­re und kur­ze Form der In­halts­an­ga­be ist und viel­leicht Lust auf mehr macht. Dann kauft man das Buch, weil man neu­gie­rig auf den gan­zen In­halt des Bu­ches ge­wor­den ist. Viel­leicht kann man die Tex­te im Lek­tio­nar manch­mal ähn­lich ver­ste­hen. Das kur­ze Stück aus dem Buch Jo­na heu­te soll­ten wir in je­dem Fall als „Klap­pen­text“ ver­ste­hen, um uns dem gan­zen Jo­na-Büch­lein zu­zu­wen­den, das et­wa im 4./3. Jahr­hun­dert vor Chris­tus ent­stan­den ist. Es will frei­lich von An­fang an nicht als ei­ne his­to­ri­sche Ge­schich­te ge­le­sen und ver­stan­den wer­den, son­dern als ei­ne Lehrerzäh­lung, der es eben nicht zu­erst um Um­kehr, son­dern um Got­tes un­be­greif­li­che Barm­her­zig­keit und Lie­be geht. Wenn Gott Men­schen und Völ­ker aus­er­wählt, dann nicht, um sie aus­zu­zeich­nen und von al­len an­de­ren ab­zu­gren­zen, son­dern um an ih­nen zu zei­gen, was er für al­le will. Ge­ra­de Ni­ni­ve steht so­zu­sa­gen sym­bo­lisch für ei­ne sog. „gott­lo­se“ Stadt – je­den­falls in den Au­gen ver­meint­lich From­mer – in der es kei­ne Ge­rech­tig­keit, kein Recht und kein lie­be­vol­les Mit­ein­an­der mehr gibt. Wenn Jo­na im Na­men Got­tes Zer­stö­rung an­kün­digt, dann nicht, weil Gott Freu­de dar­an hät­te, son­dern weil es ihm auch um das Le­ben je­ner geht, die mit ihm ei­gent­lich gar nicht so viel an­fan­gen kön­nen. Das Er­staun­li­che ist, dass die Ein­woh­ner von Ni­ni­ve auf die Pre­digt des Jo­na hö­ren und in ihm den sor­ge­vol­len Ruf Got­tes er­kann­ten. Manch­mal spürt man ja auch, dass es so nicht wei­ter­ge­hen kann, wie z.B. auch was in un­se­ren Ta­gen das stil­le Ar­ten­ster­ben und den Kli­ma­wan­del be­trifft, aber man schafft es ge­wohn­heits­mä­ßig nicht, die Kur­ve zu be­kom­men oder, re­li­gi­ös ge­spro­chen, um­zu­keh­ren. Jo­nas Um­kehr­pre­digt kommt al­so ge­ra­de zur rech­ten Zeit und stößt das neue Den­ken und Tun an. Es ist eben nicht Gott, der Zer­stö­rung will, son­dern oft der Mensch sel­ber, der ge­dan­ken­los und gie­rig zer­stört. Gott will nicht nur das Le­ben ei­ni­ger Aus­er­wähl­ter, er will das Le­ben al­ler sei­ner Men­schen­kin­der und Ge­schöp­fe.
Frei­lich ver­geht die Ge­stalt die­ser Welt, wie Pau­lus in der 2. Le­sung an die Ko­rin­ther schreibt. Das heißt aber nicht, dass wir die Welt ver­ach­ten und nicht lie­ben sol­len. Gott in­ter­es­siert sich nicht für un­se­re Sonn­tags­pre­dig­ten, ihn in­ter­es­siert, wie wir uns am En­de ganz prak­tisch ver­hal­ten, ob wir eben dem Le­ben oder dem Tod die­nen.
Auch Je­sus ver­kün­de­te das Le­ben und dass Gott über­all da be­son­ders na­he ist, wo man das Le­ben in al­len sei­nen For­men liebt, wert­schätzt und schützt. Dar­um be­ruft er auch kei­ne wort­ge­wand­ten Phi­lo­so­phen, son­dern Fi­scher, die wis­sen, wie man ganz prak­tisch Net­ze aus­wirft und Fi­sche fängt. Ge­nau dar­an knüpft Je­sus an und macht sie zu „Men­schen­fi­schern“, da­mit sie Men­schen auf­fan­gen, Be­zie­hungs­net­ze knüp­fen, in de­nen man ge­bor­gen ist und dass sie im Na­men Got­tes heil­sa­mes, lie­be­vol­les und barm­her­zi­ges Le­ben er­mög­li­chen.
Jo­na woll­te das am En­de nicht, weil es ihm mehr um sich selbst als um Gott und das Le­ben der Men­schen und Ge­schöp­fe ging.
Je­sus ruft zwei Ge­schwis­ter­paa­re als ers­tes in sei­ne Nach­fol­ge aus ih­rem ge­wohn­ten Le­ben, da­mit sie mit ihm Men­schen für das Le­ben ge­win­nen. „Le­ben“ ist auch ein an­de­rer Na­me für Gott, so wie Dank­bar­keit, Frie­de, Lie­be, Barm­her­zig­keit.
Mö­gen wir al­le zu Men­schen­fi­schern wer­den, die Got­tes Lie­be und Barm­her­zig­keit ganz prak­tisch Tag für Tag durch die Kraft Sei­nes Geis­tes er­fahr­bar ma­chen dür­fen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)