(2 Sam 7, 1–5.8b-12.14a.16; Röm 16, 25–27; Lk 1, 26–38)
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist schön, glauben zu dürfen, wie es in der 1. Lesung aus dem Buch Samuel heute heißt: „Nun verkündet dir der Herr, dass der Herr dir ein Haus bauen wird“ (2 Sam 7,11). Wir lesen da nicht, eigentlich wie nie, aus sicherer Distanz von über 2000 Jahren eine Geschichte, die uns kaum bzw. gar nichts mehr angeht. Sicher, diese Worte und geschichtlichen Hintergründe erscheinen uns oft fremd und unverständlich. Und doch wurden sie für einen jeden von uns aufgeschrieben, in welchem Jahrtausend und unter welchen Umständen auch immer er oder sie gerade leben mag. Daran kann nichts geändert werden, daran ändert auch Corona nichts, auch wenn Corona uns etwas zu sehr beschäftigt und aus gewohnten Bahnen wirft. Aber wo wollen wir wohnen? Gott wollte noch nie und will niemals in unseren Gewohnheiten eingesperrt sein. Wie oft verwechseln wir Ihn mit unseren Gewohnheiten!
Es ist gut, dass so kurz vor Weihnachten uns nochmals erzählt wird — natürlich theologisch, geistlich und nicht historisch – wie verrückt unerwartet, ungewohnt und unkonventionell Gott daherkommt und sich nicht um unsere Konventionen und theologischen Gefängnisse für Ihn kümmert. Rein äußerlich betrachtet, wird der Skandal einer unehelichen Geburt verkündet. Dass sie mit Gott zu tun hat, macht das Faktum und die kirchenrechtliche Beurteilung auch nicht besser. Aber warum so und nicht anders? Weil Gott will, dass wir Seine Nähe und Weite nicht auf unser Kirchenrecht und unsere Dogmatik reduzieren. Weil Gott will, dass wir uns auf Gottes Sichtweisen und Gewohnheiten einlassen und für sie öffnen, damit wir wieder den staunenden Blick für Gottes eigene Art, nahe zu sein, erlernen. Gott wohnt eben super gerne im Ungewohnten, in dem, was die Ruhe unseres Gewohnten in heilsame Unruhe versetzt. Klar, fragen wir uns zurecht wie Maria auch: „Wie soll das geschehen?“ (Lk 1, 34)
Aber wenn Gott bis dahin schon mal durchbrechen konnte, dann klingt das schon ganz anders und vor allem sehr tröstlich: „Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ (Lk 1, 35). Genau diese Zusage macht uns heilig und weihnachtsfähig. Deshalb sind ja auch wir Töchter und Söhne Gottes. Und damit keine Missverständnisse aufkommen, wird gleich noch auf die in die Jahre gekommene, unfruchtbare Elisabeth verwiesen. Sie gehört zwar schon zur Risikogruppe, die kaum noch was zu erwarten hat. Aber bei ihr kommt nicht Corona, sondern neues Leben an. Unvorstellbar? Sicher, so unvorstellbar wie das diesjährige Weihnachten. Aber glauben wir Gott, dass für IHN nichts unmöglich ist? Also für IHN wäre schon Weihnachten, wenn wir, vielleicht mühsam und zaghaft nur, mit Maria sagen könnten: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ (LK 1, 38) Und ich glaube, für uns wäre es nicht anders.
Darum lasst uns beten: „Komm, Herr, und bau uns dieses Haus, das Leben und Geborgenheit in Dir und für uns heißt. Amen.“
(P. Thomas Röhr OCT)