Zum Ern­te­dank­sonn­tag 2020 (27.09.)

(Ez 18,25–28; Phil 2,1–11; Mt 21,28–32)

Zur Hin­füh­rung und Segensgebet

Wir fei­ern heu­te un­se­ren Ern­te­dank­sonn­tag. Wir sa­gen Dank für die Ern­te und für al­les, was uns Le­ben schenkt. Wir sa­gen Dank für al­le, die Mü­he, Zeit und En­er­gie auf­ge­wen­det ha­ben, da­mit wir Grund zum Dan­ken ha­ben. Vor al­lem aber sa­gen wir Gott Dan­ke, oh­ne den es nichts gä­be, nichts le­ben, wach­sen und ge­dei­hen könn­te. Al­les ist ein Sa­kra­ment Sei­ner Lie­be. In die­sem Geist wol­len wir die Ga­ben seg­nen, auch je­ne, die vor al­lem un­ser Herz und un­se­re See­le nähren:

Seg­nung der Erntegaben

Barm­her­zi­ger Gott,
du hast Him­mel und Er­de er­schaf­fen,
du bist der Ur­grund al­len Le­bens.
Wir dan­ken dir heu­te für die Ern­te des Jah­res,
für dei­ne Er­de, die wach­sen lässt
und die uns am Le­ben er­hält.
Wir dan­ken dir für die Son­ne, den Re­gen,
für die Pflan­zen, die Tie­re, für die Luft, die wir at­men.
Wir dan­ken dir für Je­sus, das Zei­chen dei­ner Nä­he.
Er ist der äl­tes­te Bru­der al­ler Ge­schöp­fe,
mit de­nen wir zu­tiefst ver­bun­den sind.
Lass uns in sei­nem Geist der Dank­bar­keit,
der Ehr­furcht und der Lie­be wach­sen.
So seg­ne + die­se Ga­ben,
stell­ver­tre­tend für al­les, wo­für wir heu­te dan­ken möch­ten.
Ver­bin­de un­se­re Dank­bar­keit mit dem Be­wusst­sein
der Ver­ant­wor­tung für dei­ne Schöp­fung.
Seg­ne auch uns, da­mit wir zum Se­gen wer­den
und le­ben in Dank­bar­keit.
Wir möch­ten Hü­te­rin­nen und Hü­ter
dei­ner Schöp­fung sein.
Wir möch­ten ihr hel­fen, zu le­ben und zu ge­dei­hen.
Wir möch­ten das Le­ben schüt­zen
ge­gen den Un­ter­gang.
Im Na­men des Va­ters
und des Soh­nes
und des Hei­li­gen Geis­tes.
Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)

Pre­digt von P. Tho­mas Röhr OCT — Audioversion

Zur Pre­digt

Lie­be Schwes­tern und Brüder,

die bi­bli­schen Tex­te heu­te sind nicht ei­gens für den Ern­te­dank­sonn­tag aus­ge­wählt. Es sind die Tex­te des 26. Sonn­ta­ges im Jah­res­kreis, der heu­te auch ge­fei­ert wird. In ih­nen ist von per­sön­li­cher Ver­ant­wor­tung, von Lie­be und Ta­ten die Re­de, oh­ne die Wor­te nur lee­re Hül­sen blei­ben. Ich den­ke, dass je­der An­re­gung fin­den wird, wenn er die bi­bli­schen Tex­te heu­te mit der Bril­le vom Ern­te­dank­sonn­tag le­sen würde.

Ich selbst er­tap­pe mich da­bei, wie schwer es ist, Ern­te­dank zu fei­ern, oh­ne an den Kli­ma­wan­del und die Zer­stö­rung und Schän­dung un­se­rer Mut­ter Er­de zu den­ken. Es ir­ri­tiert mich zu­dem, dass aus­ge­rech­net eher christ­lich ge­präg­te In­dus­trie­na­tio­nen Haupt­ver­ur­sa­cher da­für sind. In ge­wis­ser Wei­se hat bi­bli­sche Theo­lo­gie die Na­tur ent­sa­kra­li­siert und der töd­li­chen Hab­gier des mensch­li­chen Her­zens aus­ge­lie­fert, auch wenn das auf gar kei­nem Fall ih­re In­ten­ti­on war. Da­bei kann man eben nicht „Zu­spruch aus Lie­be, ei­ne Ge­mein­schaft des Geis­tes, ein Er­bar­men und Mit­ge­fühl, ein ein­an­der in Lie­be ver­bun­den sein“ (Phil 2) den­ken, oh­ne nicht zu­gleich die Mit­ge­schöp­fe und die Mut­ter Er­de mit ein­zu­be­zie­hen. „Seid un­ter­ein­an­der so ge­sinnt, wie es dem Le­ben in Chris­tus Je­sus ent­spricht“ (Phil 2, 5) ist nicht nur ei­ne from­me Be­trach­tung wert. Es ist ei­ne Geis­tes­hal­tung , die sich nicht auf den Thron der Selbst­herr­lich­keit setzt, die sich nicht zu ei­nem zer­stö­re­ri­schen Kon­strukt von „Gott“ macht, son­dern grund­sätz­lich auf Thro­ne, ho­he Rös­ser und ein falsch ver­stan­de­nes „Kro­ne der Schöp­fung sein“ aus Lie­be ver­zich­tet. Ge­ra­de im Hin­blick auf die Schöp­fung ist Um­kehr kei­ne nur mo­ra­li­sche oder re­li­giö­se Fra­ge, son­dern ge­ra­de­zu ei­ne Über­le­bens­fra­ge. Dank­bar­keit, Lie­be, De­mut und Glau­bens­be­kennt­nis­se müs­sen „Fleisch“ wer­den, d.h. sie müs­sen zu ei­nem „Ja“ wer­den, das wirk­lich ein er­fahr­ba­res und ver­än­dern­des ist. Das kann man nicht nur im­mer den an­de­ren pre­di­gen, das muss man vor al­lem sel­ber le­ben. Si­cher, Eze­chi­el ap­pel­liert an die Ei­gen­ver­ant­wor­tung ei­nes je­den Ein­zel­nen. Aber auch Ge­mein­schaf­ten, Re­li­gio­nen, Ge­sell­schaf­ten, Staa­ten ha­ben Ver­ant­wor­tung. Nicht Gott be­straft uns mit Co­ro­na, Kli­ma­wan­del, Na­tur­ka­ta­stro­phen und Krie­gen. Meis­tens ha­ben sol­che Din­ge die Ur­sa­che in Her­zen von Men­schen, de­nen die Lie­be ab­han­den­ge­kom­men ist.

Wir bit­ten Gott al­so am Ern­te­dank­sonn­tag, dass un­se­rem Dank le­bens­schüt­zen­de und le­bens­för­der­li­che Ta­ten fol­gen, als Ein­zel­ne, wie auch als Ge­mein­schaf­ten. Viel­leicht ist es ja schon ein ers­ter Schritt, wenn wir die An­zahl von Wor­ten re­du­zie­ren und sie im Schwei­gen ver­dich­ten. Des­we­gen sa­ge auch ich jetzt erst ein­mal „Amen“, ob­wohl es noch viel zu sa­gen gäbe.

P. Tho­mas Röhr OCT