4. Ad­vents­sonn­tag (20.12.2020)

(2 Sam 7, 1–5.8b-12.14a.16; Röm 16, 25–27; Lk 1, 26–38)

Pre­digt von P. Tho­mas Röhr OCT — Audioversion

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,

es ist schön, glau­ben zu dür­fen, wie es in der 1. Le­sung aus dem Buch Sa­mu­el heu­te heißt: „Nun ver­kün­det dir der Herr, dass der Herr dir ein Haus bau­en wird“ (2 Sam 7,11). Wir le­sen da nicht, ei­gent­lich wie nie, aus si­che­rer Di­stanz von über 2000 Jah­ren ei­ne Ge­schich­te, die uns kaum bzw. gar nichts mehr an­geht. Si­cher, die­se Wor­te und ge­schicht­li­chen Hin­ter­grün­de er­schei­nen uns oft fremd und un­ver­ständ­lich. Und doch wur­den sie für ei­nen je­den von uns auf­ge­schrie­ben, in wel­chem Jahr­tau­send und un­ter wel­chen Um­stän­den auch im­mer er oder sie ge­ra­de le­ben mag. Dar­an kann nichts ge­än­dert wer­den, dar­an än­dert auch Co­ro­na nichts, auch wenn Co­ro­na uns et­was zu sehr be­schäf­tigt und aus gewohnten Bah­nen wirft. Aber wo wol­len wir woh­nen? Gott woll­te noch nie und will nie­mals in un­se­ren Gewohnhei­ten ein­ge­sperrt sein. Wie oft ver­wech­seln wir Ihn mit un­se­ren Gewohnhei­ten!
Es ist gut, dass so kurz vor Weih­nach­ten uns noch­mals er­zählt wird — na­tür­lich theo­lo­gisch, geist­lich und nicht his­to­risch – wie ver­rückt un­er­war­tet, un­ge­wohnt und un­kon­ven­tio­nell Gott da­her­kommt und sich nicht um un­se­re Kon­ven­tio­nen und theo­lo­gi­schen Ge­fäng­nis­se für Ihn küm­mert. Rein äu­ßer­lich be­trach­tet, wird der Skan­dal ei­ner un­ehe­li­chen Ge­burt ver­kün­det. Dass sie mit Gott zu tun hat, macht das Fak­tum und die kir­chen­recht­li­che Be­ur­tei­lung auch nicht bes­ser. Aber war­um so und nicht an­ders? Weil Gott will, dass wir Sei­ne Nä­he und Wei­te nicht auf un­ser Kir­chen­recht und un­se­re Dog­ma­tik re­du­zie­ren. Weil Gott will, dass wir uns auf Got­tes Sicht­wei­sen und Gewohnhei­ten ein­las­sen und für sie öff­nen, da­mit wir wie­der den stau­nen­den Blick für Got­tes ei­ge­ne Art, na­he zu sein, er­ler­nen. Gott wohnt eben su­per ger­ne im Un­gewohnten, in dem, was die Ru­he un­se­res Ge­wohn­ten in heil­sa­me Un­ru­he ver­setzt. Klar, fra­gen wir uns zu­recht wie Ma­ria auch: „Wie soll das ge­sche­hen?“ (Lk 1, 34)
Aber wenn Gott bis da­hin schon mal durch­bre­chen konn­te, dann klingt das schon ganz an­ders und vor al­lem sehr tröst­lich: „Hei­li­ger Geist wird über dich kom­men und Kraft des Höchs­ten wird dich über­schat­ten“ (Lk 1, 35). Ge­nau die­se Zu­sa­ge macht uns hei­lig und weih­nachts­fä­hig. Des­halb sind ja auch wir Töch­ter und Söh­ne Got­tes. Und da­mit kei­ne Miss­ver­ständ­nis­se auf­kom­men, wird gleich noch auf die in die Jah­re ge­kom­me­ne, un­frucht­ba­re Eli­sa­beth ver­wie­sen. Sie ge­hört zwar schon zur Ri­si­ko­grup­pe, die kaum noch was zu er­war­ten hat. Aber bei ihr kommt nicht Co­ro­na, son­dern neu­es Le­ben an. Un­vor­stell­bar? Si­cher, so un­vor­stell­bar wie das dies­jäh­ri­ge Weih­nach­ten. Aber glau­ben wir Gott, dass für IHN nichts un­mög­lich ist? Al­so für IHN wä­re schon Weih­nach­ten, wenn wir, viel­leicht müh­sam und zag­haft nur, mit Ma­ria sa­gen könn­ten: „Mir ge­sche­he, wie du es ge­sagt hast.“ (LK 1, 38) Und ich glau­be, für uns wä­re es nicht an­ders.
Dar­um lasst uns be­ten: „Komm, Herr, und bau uns die­ses Haus, das Le­ben und Ge­bor­gen­heit in Dir und für uns heißt. Amen.“

(P. Tho­mas Röhr OCT)