Drit­ter Ad­vents­sonn­tag – Gau­de­te (12.12.2021)

(Zef 3, 14–17; Phil 4, 4–7; Lk 3, 10–18)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
nun, auch am Gau­de­te-Sonn­tag wird Gott nicht ein­fach er­schei­nen und uns in freu­di­ge Ek­sta­se ver­set­zen. Das tut er ja sonst auch nicht. Selbst die Eu­cha­ris­tie­fei­er mag uns be­rüh­ren, aber vom Ho­cker reißt auch sie uns ge­wöhn­lich nicht. Das muss und soll sie ja auch nicht. Aber sie möch­te uns trotz­dem dar­an er­in­nern, dass wir ge­nü­gend Grün­de ha­ben dür­fen, uns zu freu­en. Die ge­gen­wär­ti­ge Si­tua­ti­on von Kir­che und Welt macht es uns nicht ge­ra­de leicht, das „Gau­de­te!“, das „Freut euch!“ zu le­ben. Und wer weiß, in was für gro­ßen Nö­ten und Sor­gen der ei­ne oder an­de­re von uns ge­ra­de steckt. Aber wenn das Wort „glau­ben“ ir­gend­et­was tau­gen soll, dann muss es uns hel­fen, grund­sätz­lich fro­he Men­schen zu blei­ben bzw. wie­der zu wer­den. Dann muss es uns hel­fen, auch au­ßer­halb von Kir­chen, Pon­ti­fi­kal­äm­tern, Papst­be­su­chen und Kir­chen­ta­gen zu tra­gen, Halt und so et­was wie Ge­bor­gen­heit zu schen­ken.
Die bi­bli­schen Tex­te von heu­te kön­nen durch­aus je­ne Freu­de un­ter­stüt­zen und stär­ken, um die es geht. Es ist ja nicht die Freu­de über ei­nen Lot­to­ge­winn, nicht die Freu­de, die man auf Kos­ten an­de­rer er­presst, nicht ei­ne merk­wür­di­ge und pa­tho­lo­gisch er­schei­nen­de Dau­er­freu­de von Un­ter­hal­tungs­sen­dun­gen und Nach­rich­ten­spre­chern, die ei­nem schon mor­gens auf die Ner­ven geht. Nein, es ist ei­ne Freu­de, die wie ei­ne himm­li­sche Stern­schnup­pe fast heim­lich in un­se­re Her­zen fällt, meis­tens eben dann, wenn es noch dun­kel ist und man gar nicht da­mit ge­rech­net hat. Viel­leicht er­sehnt, ja, ir­gend­wie er­hofft, aber nicht wirk­lich er­war­tet und nicht künst­lich ge­macht. Es ist je­ne Freu­de, die auf­leuch­tet, wenn wir er­fah­ren dür­fen, un­be­dingt und wirk­lich ge­wollt und ge­liebt zu sein. Es ist je­ne Freu­de, die an­fängt zu blü­hen, wenn über­ra­schend Las­ten vom Her­zen und von der See­le ge­nom­men wer­den, wenn wir Er­mu­ti­gung er­fah­ren, den nächs­ten Schritt zu wa­gen, die Hän­de und den Kopf nicht sin­ken zu las­sen. Und kön­nen wir wirk­lich dar­an glau­ben und es ver­in­ner­li­chen, dass Gott sich auch über uns freut und ju­belt, wie es in der Le­sung aus dem Buch Ze­fan­ja hieß? Nicht Gott fällt über uns Ur­tei­le, die nie­der­schmet­ternd und ver­let­zend sind. Meis­tens sind es an­de­re Men­schen, die uns nicht lie­ben und oft ge­nug sind wir es sel­ber, die sich un­barm­her­zig ver­ur­tei­len.
Das „Sorgt euch um nichts“ des hei­li­gen Pau­lus im Brief an die Phil­ip­per meint nicht, dass es kei­ne Sor­gen mehr gä­be oder wir so tun sol­len, als gä­be es sie plötz­lich nicht mehr. Sie sol­len nur nicht das Ein­zi­ge in un­se­ren Her­zen, in un­se­rem Den­ken und Füh­len sein. Denn im­mer und un­ter al­len Um­stän­den steht Gott uns zur Sei­te, ob in an­de­ren Men­schen oder manch­mal auch oh­ne sie, um uns Sei­ne Freu­de über uns und je­ne un­glaub­li­che Lie­be zu zei­gen, mit der er uns liebt. Und zwar nicht, weil wir hei­lig sind und uns sel­ber schein­hei­lig ma­chen könn­ten oder müss­ten, son­dern weil wir in sei­nen Au­gen im­mer und un­ter al­len Um­stän­den hei­lig sind, so wie es Lie­ben­de sich im­mer er­fahr­bar ma­chen. Das meint Gau­de­te und dass wir Freu­de nicht nur er­war­ten, son­dern be­reit sind, sie auch zu ge­ben durch Gü­te, Mensch­lich­keit, Froh­sinn und all­täg­lich ge­leb­ter Lie­be und Barm­her­zig­keit. Wo das ge­schieht, ist mehr Got­tes Nä­he als in tau­sen­den Ge­be­ten, Me­di­ta­tio­nen und per­fek­ten Got­tes­diens­ten. Dar­um lasst uns hö­ren und le­ben: Gau­de­te! Freut euch! Wir ha­ben durch Gott wirk­lich al­len Grund da­zu. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)