1.Fastensonntag (06.03.2022)

(Dtn 26, 4–10; Ps 91; Röm 10, 8–13; Lk 4, 1–13)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
die Men­schen frü­he­rer Zei­ten hat­ten nicht un­be­dingt bes­se­re Zei­ten als wir, im Ge­gen­teil. Trotz­dem fan­den sie Trost und Kraft in ih­rem Glau­ben. Vor al­lem aber er­füll­te sie Dank­bar­keit für er­fah­re­ne Hil­fe und für „die ers­ten Er­trä­ge von den Früch­ten des Lan­des“ (V4+10), wie es heu­te in der 1. Le­sung aus dem Buch Deu­te­ronó­mi­um hieß. Es wä­re si­cher ein gu­ter Fas­ten­vor­satz, der Dank­bar­keit für so viel Nicht­selbst­ver­ständ­li­ches grö­ße­ren Raum zu ge­ben. Und es wä­re si­cher auch wün­schens­wert, dar­über nach­zu­den­ken, wo ich ganz per­sön­lich Got­tes Hil­fe und Nä­he schon er­fah­ren ha­be. Die Er­in­ne­rung an Got­tes wun­der­ba­res Wir­ken in der Ge­schich­te ist für Is­ra­els Got­tes­glau­ben von zen­tra­ler Be­deu­tung. Nicht, dass sie un­be­dingt Got­tes Wir­ken als um­wer­fen­des Er­eig­nis er­fuh­ren. Aber sie wa­ren in der La­ge, vie­le, po­si­ti­ve Er­fah­run­gen als Ge­schenk wahr­zu­neh­men und auf Gott zu­rück­zu­füh­ren.
In der Not des Le­bens geht es nicht um abs­trak­te Glau­bens­be­kennt­nis­se, nicht um die rech­te Leh­re, nicht um kon­ser­va­tiv oder pro­gres­siv. In der Not des Le­bens und in den Wüs­ten, die wir durch und mit Got­tes Geist durch­wan­dern müs­sen, fragt uns das be­un­ru­hig­te Herz: „Wor­auf oder wem ver­traust du?“ Viel­leicht erst im Nach­hin­ein er­kann­ten sie Er­leb­nis­se, die sich wie Wun­der an­fühl­ten. Sie spür­ten, dass Gott „Recht­lo­sig­keit, Ar­beits­last und Be­dräng­nis“ (Dtn 26, 7) nicht egal sind, ja, sie er­leb­ten die wun­der­ba­re Be­frei­ung dar­aus als ein Zei­chen der lie­ben­den Sor­ge ei­nes na­hen, un­be­greif­li­chen Got­tes.
Frei­lich, ich kann mich fi­xie­ren auf das, was mich är­gert, was ich nicht ver­ste­he, was nicht gut läuft und auch rich­tig weh­tut. Und Gott wirkt da schein­bar oft kei­ne Wun­der. Ich kann ihm das vor­wer­fen und darf es auch. Das hält er aus. Aber für die nicht selbst­ver­ständ­li­chen Wun­der mei­nes Le­bens kann ich durch­aus auch trotz­dem dank­bar sein und nicht so tun, als hät­te ich das al­les aus ei­ge­ner Kraft er­ar­bei­tet und ver­dient.
Lasst uns doch in die­sen Wüs­ten­zei­ten, die wir auch ge­ra­de er­le­ben, trotz­dem noch dank­bar sein. Lasst uns das zu Gott hin sa­gen, was wir im Psalm 91 des Ant­wort­ge­san­ges heu­te ge­be­tet ha­ben: „Ich sa­ge zum Herrn: du bist mei­ne Zu­flucht und Burg, mein Gott, dem ich ver­traue. Lasst uns das trotz und in al­lem sa­gen, dar­in Kraft und Salb­öl für un­se­re ge­plag­ten Ge­dan­ken, Her­zen und See­len fin­den, da­mit wir mit Zu­ver­sicht und Got­tes Hil­fe an ei­ner mensch­li­che­ren und fried­li­che­ren Ge­gen­wart und Zu­kunft in Kir­che und Welt mit­tun kön­nen.
Mö­ge uns in die Her­zen ge­sagt sein, was am En­de des heu­ti­gen Psalms stand: „Rufst du zu mir, ge­be ich dir Ant­wort. In der Be­dräng­nis bin ich bei dir, ich rei­ße dich her­aus und brin­ge dich zu Eh­ren!“
Da kann man nur „Amen“ sa­gen, „so sei es!“. Amen!

(P. Tho­mas Röhr OCT)