(Dtn 26, 4–10; Ps 91; Röm 10, 8–13; Lk 4, 1–13)
Liebe Schwestern und Brüder,
die Menschen früherer Zeiten hatten nicht unbedingt bessere Zeiten als wir, im Gegenteil. Trotzdem fanden sie Trost und Kraft in ihrem Glauben. Vor allem aber erfüllte sie Dankbarkeit für erfahrene Hilfe und für „die ersten Erträge von den Früchten des Landes“ (V4+10), wie es heute in der 1. Lesung aus dem Buch Deuteronómium hieß. Es wäre sicher ein guter Fastenvorsatz, der Dankbarkeit für so viel Nichtselbstverständliches größeren Raum zu geben. Und es wäre sicher auch wünschenswert, darüber nachzudenken, wo ich ganz persönlich Gottes Hilfe und Nähe schon erfahren habe. Die Erinnerung an Gottes wunderbares Wirken in der Geschichte ist für Israels Gottesglauben von zentraler Bedeutung. Nicht, dass sie unbedingt Gottes Wirken als umwerfendes Ereignis erfuhren. Aber sie waren in der Lage, viele, positive Erfahrungen als Geschenk wahrzunehmen und auf Gott zurückzuführen.
In der Not des Lebens geht es nicht um abstrakte Glaubensbekenntnisse, nicht um die rechte Lehre, nicht um konservativ oder progressiv. In der Not des Lebens und in den Wüsten, die wir durch und mit Gottes Geist durchwandern müssen, fragt uns das beunruhigte Herz: „Worauf oder wem vertraust du?“ Vielleicht erst im Nachhinein erkannten sie Erlebnisse, die sich wie Wunder anfühlten. Sie spürten, dass Gott „Rechtlosigkeit, Arbeitslast und Bedrängnis“ (Dtn 26, 7) nicht egal sind, ja, sie erlebten die wunderbare Befreiung daraus als ein Zeichen der liebenden Sorge eines nahen, unbegreiflichen Gottes.
Freilich, ich kann mich fixieren auf das, was mich ärgert, was ich nicht verstehe, was nicht gut läuft und auch richtig wehtut. Und Gott wirkt da scheinbar oft keine Wunder. Ich kann ihm das vorwerfen und darf es auch. Das hält er aus. Aber für die nicht selbstverständlichen Wunder meines Lebens kann ich durchaus auch trotzdem dankbar sein und nicht so tun, als hätte ich das alles aus eigener Kraft erarbeitet und verdient.
Lasst uns doch in diesen Wüstenzeiten, die wir auch gerade erleben, trotzdem noch dankbar sein. Lasst uns das zu Gott hin sagen, was wir im Psalm 91 des Antwortgesanges heute gebetet haben: „Ich sage zum Herrn: du bist meine Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue. Lasst uns das trotz und in allem sagen, darin Kraft und Salböl für unsere geplagten Gedanken, Herzen und Seelen finden, damit wir mit Zuversicht und Gottes Hilfe an einer menschlicheren und friedlicheren Gegenwart und Zukunft in Kirche und Welt mittun können.
Möge uns in die Herzen gesagt sein, was am Ende des heutigen Psalms stand: „Rufst du zu mir, gebe ich dir Antwort. In der Bedrängnis bin ich bei dir, ich reiße dich heraus und bringe dich zu Ehren!“
Da kann man nur „Amen“ sagen, „so sei es!“. Amen!
(P. Thomas Röhr OCT)