Fron­leich­nams­sonn­tag 2022 (19.06.)

(1 Kön 19, 3–8; 1 Kor 11, 23–26; Lk 9, 11b-17)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
ich bin mir nicht si­cher, ob die­ses Fest in sei­nen üb­li­chen For­men und Be­grün­dun­gen noch zeit­ge­mäß ist. Ich bin mir auch nicht si­cher, ob man Brot und Wein aus dem Ge­samt­zu­sam­men­hang der eu­cha­ris­ti­schen Fei­er her­aus­lö­sen darf, um dar­aus ein ei­ge­nes Fest zu ma­chen. Zu sehr kon­zen­triert sich da­durch der Blick auf Brot und Wein und auf die Wand­lung, die nur durch ei­nen Pries­ter voll­zo­gen wer­den darf. Die­ses Fest hat dar­um, auch wenn man es nicht will oder zu­ge­ben mag, ei­nen Hauch von Kle­ri­ka­lis­mus und ei­nem Eu­cha­ris­tie­ver­ständ­nis, bei dem die sog. „Lai­en“ doch ir­gend­wie nur Zu­schau­er und si­cher auch dank­ba­re Emp­fän­ger sein kön­nen. Aber wird das dem, was Je­sus be­zweckt hat, ei­gent­lich ge­recht? Mal ab­ge­se­hen da­von, dass ge­mein­sa­mes Es­sen und Trin­ken mit­ein­an­der ver­bin­det und sich bei uns heu­te im an­schlie­ßen­den Ge­mein­de­fest Eu­cha­ris­tie aus­wei­tet, so woll­te doch Je­sus, wenn ich es recht ver­ste­he, sich, sei­ne Le­bens­hal­tung und auch un­ser mensch­li­ches Da­sein in die­sem Ri­tu­al aus­drü­cken und deu­ten. Ver­in­ner­li­chen, im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes, soll­te sich, dass nicht nur Je­sus, son­dern der Mensch zu ei­ner „Brot­exis­tenz“ be­ru­fen ist, al­so zu je­man­dem, bei dem man Nah­rung für Leib und See­le fin­den kann. Statt lee­rer Ges­ten und Wor­te soll­ten wir uns selbst und nicht nur et­was von uns schen­ken.
Statt Blut soll­te Wein flie­ßen, da­mit Freu­de in den Her­zen sei, die Men­schen auf­le­ben lässt, die so oft er­drückt wer­den von schwe­ren, all­täg­li­chen Las­ten und von ei­nem Got­tes­bild, das uns eher das Fürch­ten, statt das Ver­trau­en und Lie­ben lehrt. Das soll­ten sei­ne Jün­ge­rin­nen und Jün­ger nicht nur mit dem Kopf, nicht nur mit dem Her­zen, be­grei­fen, son­dern sie soll­ten sich ganz er­grei­fen und ver­wan­deln las­sen zu Men­schen­töch­tern und ‑söh­nen, die sich am Mensch­sein und der Mensch­lich­keit Je­su ori­en­tie­ren und sich von sei­nem Geis­te an­ste­cken und ver­wan­deln las­sen.
Je­sus starb nicht für un­se­re Sün­den, er hat sich auch nicht für ir­gend­et­was oder ‑je­man­den ge­op­fert. Er starb, weil er sich wei­ger­te, den Neu­en Bund un­be­ding­ter und ab­sichts­lo­ser Lie­be auf­zu­ge­ben. Wenn über­haupt, dann „op­fer­te“ er sich, da­mit das Op­fern, auch von Men­schen und Ge­schöp­fen, ein En­de ha­be, weil es schlicht nicht gott­ge­mäß ist. Die­se Hal­tung Je­su und Got­tes wol­len wir heu­te er­in­nern. Sie mö­ge nicht nur Brot und Wein, son­dern uns al­le hin­ein­ver­wan­deln in je­nen Strom der Lie­be, der un­auf­hör­lich von Gott aus­geht. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)