(Zef 3, 14–17; Phil 4, 4–7; Lk 3, 10–18)
Liebe Schwestern und Brüder,
nun, auch am Gaudete-Sonntag wird Gott nicht einfach erscheinen und uns in freudige Ekstase versetzen. Das tut er ja sonst auch nicht. Selbst die Eucharistiefeier mag uns berühren, aber vom Hocker reißt auch sie uns gewöhnlich nicht. Das muss und soll sie ja auch nicht. Aber sie möchte uns trotzdem daran erinnern, dass wir genügend Gründe haben dürfen, uns zu freuen. Die gegenwärtige Situation von Kirche und Welt macht es uns nicht gerade leicht, das „Gaudete!“, das „Freut euch!“ zu leben. Und wer weiß, in was für großen Nöten und Sorgen der eine oder andere von uns gerade steckt. Aber wenn das Wort „glauben“ irgendetwas taugen soll, dann muss es uns helfen, grundsätzlich frohe Menschen zu bleiben bzw. wieder zu werden. Dann muss es uns helfen, auch außerhalb von Kirchen, Pontifikalämtern, Papstbesuchen und Kirchentagen zu tragen, Halt und so etwas wie Geborgenheit zu schenken.
Die biblischen Texte von heute können durchaus jene Freude unterstützen und stärken, um die es geht. Es ist ja nicht die Freude über einen Lottogewinn, nicht die Freude, die man auf Kosten anderer erpresst, nicht eine merkwürdige und pathologisch erscheinende Dauerfreude von Unterhaltungssendungen und Nachrichtensprechern, die einem schon morgens auf die Nerven geht. Nein, es ist eine Freude, die wie eine himmlische Sternschnuppe fast heimlich in unsere Herzen fällt, meistens eben dann, wenn es noch dunkel ist und man gar nicht damit gerechnet hat. Vielleicht ersehnt, ja, irgendwie erhofft, aber nicht wirklich erwartet und nicht künstlich gemacht. Es ist jene Freude, die aufleuchtet, wenn wir erfahren dürfen, unbedingt und wirklich gewollt und geliebt zu sein. Es ist jene Freude, die anfängt zu blühen, wenn überraschend Lasten vom Herzen und von der Seele genommen werden, wenn wir Ermutigung erfahren, den nächsten Schritt zu wagen, die Hände und den Kopf nicht sinken zu lassen. Und können wir wirklich daran glauben und es verinnerlichen, dass Gott sich auch über uns freut und jubelt, wie es in der Lesung aus dem Buch Zefanja hieß? Nicht Gott fällt über uns Urteile, die niederschmetternd und verletzend sind. Meistens sind es andere Menschen, die uns nicht lieben und oft genug sind wir es selber, die sich unbarmherzig verurteilen.
Das „Sorgt euch um nichts“ des heiligen Paulus im Brief an die Philipper meint nicht, dass es keine Sorgen mehr gäbe oder wir so tun sollen, als gäbe es sie plötzlich nicht mehr. Sie sollen nur nicht das Einzige in unseren Herzen, in unserem Denken und Fühlen sein. Denn immer und unter allen Umständen steht Gott uns zur Seite, ob in anderen Menschen oder manchmal auch ohne sie, um uns Seine Freude über uns und jene unglaubliche Liebe zu zeigen, mit der er uns liebt. Und zwar nicht, weil wir heilig sind und uns selber scheinheilig machen könnten oder müssten, sondern weil wir in seinen Augen immer und unter allen Umständen heilig sind, so wie es Liebende sich immer erfahrbar machen. Das meint Gaudete und dass wir Freude nicht nur erwarten, sondern bereit sind, sie auch zu geben durch Güte, Menschlichkeit, Frohsinn und alltäglich gelebter Liebe und Barmherzigkeit. Wo das geschieht, ist mehr Gottes Nähe als in tausenden Gebeten, Meditationen und perfekten Gottesdiensten. Darum lasst uns hören und leben: Gaudete! Freut euch! Wir haben durch Gott wirklich allen Grund dazu. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)