Fest der Tau­fe des Herrn (10.01.2021)

(Jes 42, 5a.1–4.6–7; Apg 10, 34–38; Mk 1, 7–11)

Au­dio­ver­si­on

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,

mit dem „Fest der Tau­fe des Herrn“ en­det die Weih­nachts­zeit und be­ginnt bis zur Fas­ten­zeit die sog. „Zeit im Jah­res­kreis“.
Auch die Tau­fe Je­su folgt der weih­nacht­li­chen Bot­schaft von der be­rüh­ren­den Nä­he ei­nes Got­tes­ge­heim­nis­ses, das Mensch­wer­den und Mensch­sein in ei­ner Wei­se vor­macht, wie es mensch­li­cher nicht sein kann. Das ist wirk­lich gött­lich!
Viel­leicht ist uns manch­mal gar nicht mehr so recht klar, wie weit un­se­re Got­tes­vor­stel­lun­gen von dem ent­fernt sind, wie Gott sich sel­ber in den bi­bli­schen Ge­schich­ten vor­stellt. In der Re­gel ge­hen wir von Macht und Grö­ße aus, die eher sehr „mensch­lich“ als gött­lich sind, „mensch­lich“ al­ler­dings im Sin­ne von Mäch­ti­gen die­ser Welt, die ganz ge­nau wis­sen, wie man Macht und Au­to­ri­tät für ei­ge­ne Zwe­cke miss­brau­chen kann. Sie po­chen dann ger­ne vor al­lem auf die Tu­gend des Ge­hor­sams, statt auf die Tu­gend der Lie­be.
Re­li­gi­ös be­trach­tet wa­ren ja schon die Um­stän­de der Ge­burt Je­su ein Skan­dal, wenn man sie mit all­ge­mein­gül­ti­gen Got­tes­vor­stel­lun­gen ab­gleicht. Die Tau­fe Je­su setzt da noch Ei­ni­ges drauf. Wie kommt Je­sus, der Sohn Got­tes, da­zu, sich in ei­ne Rei­he mit Sün­dern und um­kehr­wil­li­gen Men­schen zu stel­len? Hat er sich da aus Ver­se­hen mit an­ge­stellt? Hat er viel­leicht gar nur so ge­tan als ob, um uns zu be­ein­dru­cken und uns ein­mal mehr Got­tes Grö­ße be­sin­gen zu las­sen, die sich ja so klein macht? Doch geht die­ses Er­stau­nen nicht wie­der von ei­ner vor­ge­stell­ten Grö­ße aus, mit der Gott so gar nix am Hut hat, wenn er denn ei­nen auf hät­te? Schon Weih­nach­ten ha­ben wir ge­fei­ert, dass Gott uns so mensch­lich na­he­ge­kom­men ist.
Die Tau­fe Je­su zeigt ein­mal mehr, wo Gott in Je­sus wirk­lich steht: näm­lich bei den Men­schen, und zwar bei Men­schen, die ge­lieb­te Sün­der sind. Gott ist nicht bei uns von oben her­ab, nicht auf ei­nem Thron, vor dem wir nie­der­zu­knien ha­ben. Gott ist auch nicht auf dem Rich­ter­stuhl des Ober­staats­an­walts, der uns auf un­se­re Feh­ler, Sün­den und un­ser Ver­sa­gen fest­legt und sie uns be­lei­digt bis zum ewi­gen Ge­richt nach­trägt. Nein, Gott ist in Je­sus bei uns als Bru­der Sün­der, der um den wirk­li­chen Men­schen weiß, der wir al­le un­ter­schieds­los sind. Es ist je­ner Mensch, der lie­ben und has­sen, Le­ben schüt­zen und ver­nich­ten, der un­glaub­lich hart, aber auch un­glaub­lich zärt­lich sein kann. Die­sen Men­schen, al­so uns wirk­lich, will er na­he sein, will er uns we­nigs­tens ein biss­chen Ver­trau­en ent­lo­cken, dass wir, so wie wir wirk­lich sind, trotz­dem un­end­lich Ge­lieb­te sind. Es geht Ihm doch nicht um un­ser oft ein­sei­ti­ges Ver­ständ­nis von Hei­lig­keit, die eher an re­li­giö­sen Leis­tungs­sport, denn an Lie­bes­ver­rück­te er­in­nert. Es geht Ihm nicht um ei­ne Kir­che, die nur um sich sel­ber kreist und Mo­ral und Dog­ma­tik in ih­re Mit­te stellt, an­statt den kon­kre­ten Men­schen in sei­ner Ge­bro­chen­heit und Ver­letz­lich­keit. Das näm­lich heißt, mit Hei­li­gem Geist ge­tauft zu sein (Jes 42, 1; Apg 10, 38; Mk 1, 8b), wo das ge­knick­te Rohr nicht zer­bro­chen und der glim­men­de Docht nicht aus­ge­löscht wird (Jes 42, 3), wo nicht auf die Per­son ge­schaut wird (Apg 10, 34), wo nicht vor al­lem Ge­hor­sam ver­langt wird, son­dern wo man in al­ler De­mut um Ver­trau­en wirbt. Da ist der Hei­li­ge Geist am Werk, wo blin­de Au­gen und Her­zen wie­der Hoff­nung und Lie­be se­hen, wo Ge­fan­ge­ne ih­rer selbst zu Lie­be und So­li­da­ri­tät be­freit, wo Men­schen aus dem Dun­kel von Lie­belo­sig­keit in das Licht der Wert­schät­zung und des be­din­gungs­lo­sen Ge­liebt­seins ge­führt wer­den (Jes 42, 7).
All das ist in die Bot­schaft von der Tau­fe Je­su ein­ge­schlos­sen, all das wird Je­sus le­ben und ver­kün­di­gen. Dar­um heißt ihn Gott „sei­nen ge­lieb­ten Sohn“ – und das ist in Je­sus je­der, Toch­ter und Sohn Got­tes, je­ne eben, die nicht mit Was­ser, son­dern mit Got­tes Hei­li­gem Geist ge­tauft sind. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)