Grä­ber­seg­nung 2023

Der HERR ist mein Hirt, *
nichts wird mir feh­len.


Er lässt mich la­gern auf grü­nen Au­en *
und führt mich zum Ru­he­platz am Was­ser.


Mei­ne Le­bens­kraft bringt er zu­rück. /
Er führt mich auf Pfa­den der Ge­rech­tig­keit, *
ge­treu sei­nem Na­men.


Auch wenn ich ge­he im fins­te­ren Tal, *
ich fürch­te kein Un­heil;
denn du bist bei mir, *
dein Stock und dein Stab, sie trös­ten mich.


Du deckst mir den Tisch *
vor den Au­gen mei­ner Fein­de.
Du hast mein Haupt mit Öl ge­salbt, *
über­voll ist mein Be­cher.


Ja, Gü­te und Huld wer­den mir fol­gen mein Le­ben lang /
und heim­keh­ren wer­de ich ins Haus des HERRN *
für lan­ge Zeiten.

(Psalm 23)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
der Psalm 23 ist wohl der be­kann­tes­te von den 150 Psal­men, die es im 1. Tes­ta­ment gibt. Oft wird er in Ster­be­stun­den ge­be­tet, aber auch in schwe­ren Zei­ten oder ein­fach so.
An­ge­sichts dau­ernd de­pri­mie­ren­der Nach­rich­ten ist es für un­se­re See­le wich­tig, po­si­ti­ve Bil­der in­ner­lich zu be­den­ken und zu be­trach­ten. Auch un­ser be­son­de­res To­ten­ge­den­ken im doch häu­fig un­ge­müt­li­chen Mo­nat No­vem­ber soll uns nicht trüb­sin­nig ma­chen, son­dern mit den grü­nen Zwei­gen und den Lich­tern für un­se­re Grä­ber Hoff­nung und Zu­ver­sicht ge­ben und zum Aus­druck brin­gen.
Mit den schö­nen Bil­dern des Psalm 23 soll­ten wir in uns Ki­no ma­chen. Die­se Bil­der be­zie­hen wir auf un­se­re Ver­stor­be­nen, aber auch auf uns selbst.
Im Bild des Hir­ten drückt sich Ver­traut­heit aus, je­mand, dem man sich an­ver­trau­en kann. Dass uns dar­um nichts feh­len wird, kön­nen wir viel­leicht so nicht ganz sa­gen. Aber auf un­se­re Ver­stor­be­nen trifft es voll und ganz zu. Sie „la­gern auf grü­nen Au­en“ im­mer­wäh­ren­den Le­bens und ha­ben „Ru­he­plät­ze am Was­ser“ des Le­bens ge­fun­den. Aber auch wir brau­chen im­mer wie­der sol­che grü­ne Au­en und Ru­he­plät­ze, um un­se­re See­len nach­kom­men und hei­len zu las­sen.
Wie schön klingt doch: „Mei­ne Le­bens­kraft bringt er zu­rück!“ Die Ver­stor­be­nen hat­ten sie schein­bar im Ster­ben ver­lo­ren, und auch wir le­ben manch­mal am Li­mit un­se­rer Le­bens­kraft. Öff­nen wir un­se­re Her­zen, da­mit Er uns die Le­bens­kraft zu­rück­brin­gen kann.
Un­se­re Ver­stor­be­nen ge­hen nicht mehr „in fins­te­ren Tä­lern“, wir im­mer wie­der schon in Zei­ten der Trau­er, des Schmer­zes, der Sor­gen, Ängs­te und Nö­te. Klar fürch­ten wir uns auch vor Un­heil, aber es ist gut und tröst­lich zu wis­sen, dass Je­mand da ist, der mit uns geht, uns be­schützt mit dem Stock und führt an en­gen Stel­len mit sei­nem Stab.
Es ist doch to­tal cool ei­nen „Tisch vor den Au­gen der Fein­de“ zu de­cken und ge­müt­lich zu früh­stü­cken oder zu Mit­tag zu es­sen. Das drückt to­ta­les Ver­trau­en aus, dass nichts pas­sie­ren kann, wenn Er da ist. Und die „Fein­de“ müs­sen nicht gleich Men­schen sein. Das kann al­les sein, was un­se­re Le­bens­kraft be­droht und rau­ben will. Die­ser Not wis­sen wir un­se­re Ver­stor­be­nen ent­ris­sen.
Das „Haupt mit Öl zu sal­ben“, ist nicht nur ei­ne Sa­che der Schön­heits­pfle­ge, son­dern auch ei­ne The­ra­pie für je­ne Ge­dan­ken, die sich manch­mal so un­ter dem Haup­te und ins ver­ängs­ti­ge Herz quä­lend ein­nis­ten wol­len. Das „Öl“ soll­ten, wie schon ge­sagt, auch gu­te Ge­dan­ken, Bil­der und Er­leb­nis­se sein. Über­voll soll der Be­cher des Le­bens sein. Gott will kein ver­küm­mer­tes oder küm­mer­li­ches Le­ben, son­dern Le­bens­fül­le für uns und all‘ un­se­re Ver­stor­be­nen.
Und schließ­lich ist „Heim­keh­ren“ auch ein star­kes Bild. Heim­ge­kehrt und zur Ru­he ge­kom­men sind un­se­re Ver­stor­be­nen. Wir sind oft ru­he­los un­ter­wegs und füh­len uns manch­mal al­les an­de­re als Zu­hau­se. Aber das Haus des Herrn ist das Haus sei­ner blei­ben­den Lie­be, in dem un­se­re Ver­stor­be­nen für im­mer zu Hau­se sind.
Uns mö­ge es jetzt und hier für mög­lichst „lan­ge Zeit“ ge­schenkt sein. So mö­ge die­ser Psalm 23 uns und un­se­re Ver­stor­be­nen ver­bin­den und Rea­li­tät sein, die uns und un­se­re Ver­stor­be­nen trägt, trös­tet und be­freit. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)