Hoch­fest der Got­tes­mut­ter Ma­ria – Neu­jahr 2021

(Num 6, 22–27; Gal 4, 4–7; Lk 2, 16–21)

Pre­digt von P. Tho­mas Röhr OCT — Audioversion

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
am Be­ginn des neu­en Jah­res steht im­mer der sog. „Aa­ro­ni­ti­sche Se­gen“ aus dem Buch Nú­me­ri, den Pries­ter zwar spre­chen sol­len, aber der ei­gent­lich Seg­nen­de ist und bleibt im­mer Gott sel­ber. Die­ser Se­gen ist kurz, doch fin­det er schö­ne Wor­te, die noch nach über 2000 Jah­ren zu Her­zen ge­hen, trös­ten und er­mu­ti­gen kön­nen.
Auch oh­ne Co­ro­na ist un­se­re Welt kein Pa­ra­dies, gibt es vie­les, was uns ängs­ti­gen und Sor­gen ma­chen kann. Da ist Got­tes Se­gen wirk­lich ein Se­gen, weil er Schutz und Ge­bor­gen­heit ver­heißt. Er ver­heißt uns nicht ein sor­gen­frei­es, pro­blem­lo­ses Le­ben, son­dern ein Le­ben, das nicht oh­ne Se­gen und Sei­ne Sor­ge um uns ist, in licht­vol­len, wie in dunk­len Ta­gen. Die­ser Se­gen ist oft ver­mit­telt durch an­de­re Men­schen, durch an­de­re Le­be­we­sen, durch an­de­re Ge­schöp­fe, durch tie­fe, in­ne­re Er­fah­run­gen. Auch wir selbst kön­nen so zum Se­gen Got­tes wer­den, oh­ne dass uns das aus­drück­lich be­wusst ist. Seg­nen ist al­so kein Pri­vi­leg von Pries­tern, son­dern ei­ne Be­ru­fung, die wir al­le ha­ben (1 Gen 12,2; 1 Petr 3,9).

blü­hen­de Wild­kir­schen im Klostergarten

In un­se­rem Klos­ter­gar­ten ste­hen zwei Wild­kir­schen, die uns je­des Jahr mit­ten im De­zem­ber mit ih­ren Blü­ten seg­nen. Ei­gent­lich ist das gar nicht mög­lich, wie mir als Laie scheint, aber es ist so. Dass ein leuch­ten­des An­ge­sicht ein Se­gen ist, er­fah­ren wir al­le in freund­li­cher und lie­be­vol­ler Zu­ge­wandt­heit, vor al­lem dann, wenn sie über­ra­schend und un­er­war­tet ist. Das pas­siert mir im­mer wie­der bei mei­nen Wald­spa­zier­gän­gen, wenn je­mand mei­nen Gruß freund­lich und mit strah­len­dem Ge­sicht er­wi­dert. Das macht ei­nem selbst hell und geht ei­nem noch lan­ge wohl­tu­end nach. Es gibt aber auch das Ge­gen­teil, wo Men­schen so tun, als hät­ten sie ei­nen gar nicht be­merkt. Da leuch­tet dann nichts. Wenn al­so ein An­ge­sicht leuch­tet, dann er­leuch­tet es tat­säch­lich den gan­zen Men­schen und zau­bert ein ei­ge­nes, leuch­ten­des An­ge­sicht her­bei. Oder wenn ei­ne Kohl­mei­se still in dem Strauch vor mei­nem Fens­ter sitzt und mir am Schreib­tisch zu­schaut, dann be­rührt mich das wie ein Se­gen, dann ist das ein Se­gen. Und so gibt es ganz vie­le „Aa­ro­ni­ti­sche Se­gen“ rings­her­um, oh­ne dass wir sie als sol­che wahr­neh­men. Dar­um ist un­se­re Weltsicht manch­mal ein­fach zu pes­si­mis­tisch, weil wir den gro­ßen, lie­be­vol­len Se­gen Got­tes in den klei­nen nicht wahr­neh­men und manch­mal auch nicht wert­schät­zen.
Ich wün­sche uns am Be­ginn des neu­en Jah­res Herz­au­gen, die Se­gen be­mer­ken und Se­gen schen­ken kön­nen, trotz und in al­len sog. „Rea­li­tä­ten“, die man ja des­we­gen nicht aus­blen­den muss. Der Frie­de Got­tes ist kein fau­ler Frie­de, er hält so­gar mit­ten im Un­frie­den, wie die deut­schen Mys­ti­ker (14. Jahr­hun­dert, z.B. Meis­ter Eck­hart) ein­mal schön for­mu­lier­ten.
Mö­ge uns al­so der „Aa­ro­ni­ti­sche Se­gen“ zur Er­fah­rung wer­den. Das wün­sche ich euch und Ih­nen im Na­men mei­ner Mit­brü­der und des Home­page-Teams von Herzen.

Eu­er / Ihr

P. Tho­mas OCT

Se­gen zum neu­en Jahr

Gott, Ur­sprung und Ziel al­len Le­bens
seg­ne dich,
dei­ne Ge­dan­ken und dein Tun,
dass dir ge­lin­gen mö­ge,
was du dir vor­ge­nom­men hast,

und be­hü­te dich
vor fal­schen Schrit­ten,
dass du zur rech­ten Zeit
sa­gen und tun kannst,
was rich­tig für dich ist.

Gott las­se sein An­ge­sicht
leuch­ten über dir
und er­hel­le dir Zei­ten
in­ne­rer Un­si­cher­heit,
da­mit du Klar­heit ge­winnst
über das, was du wirk­lich willst,

und sei dir gnä­dig,
in­dem sich auch dei­ne Irr­tü­mer
zum Gu­ten hin ver­wan­deln las­sen.

Gott er­he­be sein An­ge­sicht auf dich
und be­ga­be dich mit Mut und Phan­ta­sie,
al­len Ent­täu­schun­gen zum Trotz
wie­der Neu­es zu wa­gen,

und ge­be dir Frie­den
in der Er­fül­lung dei­ner Träu­me
und dei­ner Zeit.

Chris­ta Spilling-Nöker