(1 Joh 3, 1–3; Mt 5, 1–12a)
Liebe Schwestern und Brüder,
das offizielle Tagesgebet zum heutigen Hochfest Allerheiligen lautet:
Allmächtiger, ewiger Gott,
du schenkst uns die Freude,
am heutigen Fest
die Verdienste aller deiner Heiligen zu feiern.
Erfülle auf die Bitten so vieler Fürsprecher unsere Hoffnung
und schenke uns dein Erbarmen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Ich frage mich, was sind denn die „Verdienste“ der Heiligen? Ihr Martyrium? Ihre guten Werke? Ihre außerordentliche Frömmigkeit? Was müssen sie und wir damit vor Gott eigentlich verdienen? Und wieso brauchen wir „so viele Fürsprecher“, wenn Gott uns „Abba“, Papa, sein will, wie uns Jesus gelehrt hat? Was machen wir eigentlich aus Gott, wenn wir „Verdienste und Fürsprecher“ brauchen?
Irgendwie mag ich das Gottesbild, das hinter diesem Sprachgebrauch und hinter diesem theologischen Denken zu stecken scheint, nicht.
Wenn Gott wirklich die Liebe und Abba ist, dann brauche ich weder Verdienste anderer, noch viele Fürsprecher. Nicht mal ein irdisches Kind bräuchte das wirklich für Vater und Mutter, um geliebt zu werden. Und ist Gott nicht unendlich viel mehr, als alle irdischen Mütter und Väter zusammengenommen?
Mit nichts können wir uns selber heiligen und niemand muss für uns Fürsprache einlegen bei dem allerliebsten Vater, der allerliebsten Mutter, die wir uns gar nicht vorstellen können.
Was uns heilig macht, ist ihre Liebe, ist die Liebe Gottes. Liebe heiligt, wo manchen nichts mehr heilig ist.
Liebe macht uns fähig, auf „Verdienste und Fürsprecher“ zu verzichten, auch um Gottes willen, und stattdessen mit der Liebe, die Gott uns ins Herz legt, Menschen, Geschöpfe und die Mutter Erde zu heiligen und heilig sein zu lassen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)