(Ez 37, 1–14; LK 24, 1–12)
Liebe Schwestern und Brüder,
immer wieder bin ich fasziniert über das, was uns Wissenschaftler über das Leben sagen. Schier unvorstellbar ist das, was uns Astronomen über das Universum sagen. Eigentlich müssten man ja gar von Multiversen sprechen, so vermuten es die Astronomen. Wir reden z.B. von Millionen Lichtjahren und tun so, als wäre das eine begreifbare Größe. Wir wissen nicht, ob es in unserer Milchstraße, zu der unser Sonnensystem gehört, noch so etwas wie unsere Erde gibt. Man vermutet aber, dass es in jedem Fall möglich ist. Trotzdem ist unsere belebte Erde kosmisch gesehen weit und breit einmalig und ein Wunder.
Irgendwie verstehe ich uns Menschen nicht, dass wir dieses schöne und doch so zerbrechliche Wunder scheinbar nicht genug wertschätzen. Ich verstehe auch nicht, wie es uns kaum noch wundert und berührt, dass es so tolles Leben auf dieser Erde gibt. Im übrigen ist für mich alles Leben auf dieser Erde „Krone der Schöpfung“ und radikal miteinander verbunden.
Wie aber wollen wir über Ostern staunen, wenn wir das Staunen und die Wertschätzung über das irdische Leben scheinbar so oft verloren haben? Es geht auch nicht darum, Ostern heute plausibel zu erklären, als ob das ginge!, wo wir ja kaum die irdischen Wirklichkeiten erklären können.
Auf jedem Fall sagt uns Ostern heute, dass das Leben ein gottgeschenktes Wunder ist, an das zu glauben uns offensichtlich immer wieder schwer fällt.
Es ist selbstverständlich tröstlich zu erfahren, dass keiner der Jüngerinnen und Jünger an ein Osterwunder geglaubt haben. Wie mühsam es der Osterglaube hatte, haben wir ja heute im Osterevangelium gehört. Auch unser Osterglaube fällt nicht einfach vom Himmel und wir sollten nicht zu früh „Halleluja“ singen, ohne uns klar zu machen, dass er für jeden von uns ein göttliches Geschenk und Wunder ist. Aber wie schon gesagt, die Wunder fangen schon früher an und das Osterleben durchzieht schon alles irdische Leben. Da schon sollte wir Ostern feiern und wertschätzen, indem wir mit dem irdischen Leben achtsamer und wertschätzender umgehen, als wir es gewöhnlich tun. Das war ja auch ein Anliegen Jesu, das hat er gelebt und mit Gottes liebevoller Gegenwart verbunden und „Reich Gottes“ genannt.
Eine Ebene voller Gebeine, wie in der Lesung aus dem Buch Ezechiel berichtet, klingt nicht gerade hoffnungsvoll. Aber Ezechiel, nicht Gott, darf über die Gebeine Gottes Hoffnungsworte sprechen. Gott ist es, der Urgrund allen Lebens ist, vor und nach dem Tod. Er ist es, der Geist und Leben schenkt und sicher auch den Osterglauben. Ohne Gottes lebenspendende Worte wären wir alle verloren.
Was immer auch mit uns, unserer Welt und den Multiversen geschieht: Gott schenkt das Leben vor und nach dem Tod. Das kann uns ruhig etwas mit Petrus verwundert sein lassen. Aber nicht umsonst steckt da schon das Wort „Wunder“ drin. Das ist Ostern, das ist alles Leben, alles Sein.
Maria Magdalena und die anderen Frauen sind nicht nur „Apostolinnen der Apostel“, sie sind Apostolinnen des Lebens und eines Gottes, dessen erste und letzte Worte Leben und Liebe sind. Und das sollte uns jetzt mit großer Freude, Dankbarkeit und Staunen erfüllen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)