Pfings­ten 2024 (19.05.)

(Jo­el 3, 1+2; Apg 2, 1–11; Joh 20, 19–23)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
wie wir in der 1. Le­sung aus dem Buch Jóel ge­hört ha­ben, gab es die Hoff­nung auf den Emp­fang des Got­tes­geis­tes schon im 1. Tes­ta­ment, nicht nur bei Jóel, son­dern z.B. auch bei Eze­chi­el und auch in den Psal­men. Es ist mir ein Rät­sel, war­um es die gan­ze Os­ter­zeit, und auch heu­te nicht, of­fi­zi­ell kei­ne ein­zi­ge Le­sung aus dem 1. Tes­ta­ment gab und gibt. Sonst ist es im­mer üb­lich, dass in der 1. Le­sung ein Text aus dem 1. Tes­ta­ment ge­nom­men wird. Das ha­be ich heu­te auch ge­tan. Denn Jóel war nicht vor­ge­se­hen. Be­stimmt gibt es auch die Ga­be der Ehr­lich­keit, sich selbst ge­gen­über, aber auch an­de­ren ge­gen­über. Un­se­re Kir­chen ha­ben die­se Ga­be nö­tig, und zwar in vie­ler­lei Hin­sicht, lit­ur­gisch, pas­to­ral, dog­ma­tisch, struk­tu­rell.
In der Apos­tel­ge­schich­te heißt es heu­te, dass „al­le“ zu­sam­men am sel­ben Ort wa­ren. Da­mit sind nicht et­wa nur die sog. „Apos­tel“ ge­meint, son­dern eben al­le, Frau­en und Män­ner des An­fangs. Im Evan­ge­li­um wird ge­sagt, dass die Jün­ger Furcht hat­ten und bei ver­schlos­se­nen Tü­ren bei­sam­men wa­ren. Furcht und Ver­schlos­sen­heit sind kei­ne gu­ten Le­bens­ein­stel­lun­gen, we­der heu­te, noch da­mals. Das ist ein Geist, der krank macht, der trennt, der Lieb­lo­sig­keit für nor­mal er­klärt, in Ge­dan­ken, Wor­ten und Wer­ken. Und die Jün­ger, die Ju­den wa­ren, hat­ten wohl nicht so sehr Furcht vor „den Ju­den“, wie es pau­scha­li­sie­rend im Jo­han­nes­evan­ge­li­um oft heißt, son­dern eher vor Je­sus, den sie in sei­nen schwers­ten Stun­den lei­der al­lei­ne ge­las­sen hat­ten, die Frau­en üb­ri­gens nicht. Und dann kommt die­ser Je­sus als Auf­er­stan­de­ner durch ih­re Ver­schlos­sen­heit und Furcht hin­durch, oh­ne ein Wort des Vor­wur­fes und oh­ne mo­ra­li­schen Zei­ge­fin­ger. Das ist be­frei­end, er­lö­send, und macht sie ver­ständ­li­cher­wei­se froh. Kön­nen dann die Jün­ger mit ei­ner sol­chen Er­fah­rung noch ir­gend­je­man­dem Ver­ge­bung ver­wei­gern? Geist­emp­fang ist hier Ver­ge­bung und Barm­her­zig­keit und nicht die Er­mäch­ti­gung, Ver­ge­bung zu ver­wei­gern und auf Feh­ler, Schei­tern und Schuld fest­zu­le­gen, weil es ei­ge­nen dog­ma­ti­schen und mo­ra­li­schen Stan­dards nicht ent­spricht. Dar­um ist Pfings­ten im­mer auch ei­ne prak­ti­sche Kehrt­wen­de zu ei­nem Got­tes­geist, der Le­ben schenkt und im­mer wie­der neu er­mög­licht. Kann sein, dass man­che vor die­sem Geist ein­fach nur Furcht ha­ben.
Wir dür­fen al­so hof­fen, dass auch heu­te der Geist Got­tes mit Brau­sen und hef­ti­gem Sturm Vor­ur­tei­le, Fest­ge­fah­re­nes und all­zu Ge­wohn­tes hin­weg­fegt, in den Kir­chen und Re­li­gio­nen oder wo auch im­mer. In je­dem Fall bringt Got­tes Geist vie­le Men­schen in ih­ren Ver­schie­den­hei­ten, Tra­di­tio­nen und Le­bens­wei­sen zu­sam­men. Spra­che wird zur ver­bin­den­den Her­zens­spra­che und nicht zu Fake News, die Spal­tung sä­en und die Wahr­heit ver­dre­hen.
An­statt sich über ver­schie­de­ne Glau­bens­an­sich­ten in den Re­li­gio­nen und Kon­fes­sio­nen zu strei­ten und zu be­krie­gen, soll­ten al­le „Got­tes gro­ße Ta­ten ver­kün­den“, die in al­len Re­li­gio­nen im Kern Lie­be und Barm­her­zig­keit be­deu­ten.
Pfings­ten geht es auch um Ge­schwis­ter­lich­keit al­ler Men­schen und Ge­schöp­fe. Pfings­ten macht Gott uns Hoff­nung, dass Geist­wen­dun­gen mög­lich sind. Bit­ten wir Gott, dass wir aus die­ser Hoff­nung le­ben und Le­ben mit­ein­an­der ge­stal­ten. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)

Lich­tri­tus am Pfingst­sonn­tag
Ein­füh­rung
Mit dem heu­ti­gen Tag en­det die Os­ter­zeit. Am Feu­er der Os­ter­ker­ze, die wir fei­er­lich in der Os­ter­nacht am Os­ter­feu­er ent­zün­det ha­ben, wol­len wir um sie­ben Ga­ben des Hei­li­gen Geis­tes bit­ten. Für je­de Ga­be ent­zün­den wir ei­ne Ker­ze vom Feu­er der Os­ter­ker­ze.
Mö­gen die­se sie­ben Ga­ben des Hei­li­gen Geis­tes in uns und in un­se­rem Le­ben leuch­ten. Mö­gen sie uns ver­wan­deln in Men­schen, die sich stets vom Geis­te Got­tes lei­ten und ent­zün­den las­sen.

Die ers­te Ker­ze steht für die Ga­be des Glau­bens, ei­nes Ver­trau­ens, das im­mer stär­ker sei als al­le Angst.
Die zwei­te Ker­ze steht für die Ga­be der Hoff­nung, da­mit je­ne bi­bli­sche Hoff­nung in uns le­ben­dig sei, die wi­der al­le Hoff­nung hofft.
Die drit­te Ker­ze steht für die Ga­be der Lie­be, die um ih­rer selbst wil­len und oh­ne war­um? liebt und Got­tes Ge­gen­wart am deut­lichs­ten zum Leuch­ten bringt.
Die vier­te Ker­ze steht für die Ga­be der Dank­bar­keit, weil sie fast al­les im Le­ben als Ge­schenk wahr­nimmt.
Die fünf­te Ker­ze steht für die Ga­be der De­mut, da­mit wir die Frei­heit ha­ben, ganz Mensch zu sein und zu wer­den.
Die sechs­te Ker­ze steht für die Ga­be der Acht­sam­keit, da­mit wir er­ken­nen, wie sehr sich al­le Ge­schöp­fe nach lie­ben­der Um­ar­mung seh­nen, uns selbst ein­ge­schlos­sen.
Die sie­ben­te Ker­ze steht für die Ga­be der Gott­su­che, da­mit wir das hei­li­ge Ge­heim­nis Got­tes in Wort und Tat hei­lig hal­ten und es nicht mit un­se­ren Ge­dan­ken und Ge­füh­len ver­wech­seln.
Um die­se Ga­ben bit­ten wir dich heu­te im Ver­trau­en auf das Ver­spre­chen, das uns un­ser Herr und Bru­der Je­sus Chris­tus ge­ge­ben hat. Amen.


(P. Tho­mas Röhr OCD, Kar­mel Bir­ken­wer­der, St. Te­re­sa, 30.05. 2017)