Pre­digt zu den Le­sun­gen vom 19. Sonn­tag im Jah­res­kreis – (09.08.2020)

(1 Kön 19,9ab.11b-13a; Röm 9,1–5; Mt 14,22–33)

Pre­digt von P. Tho­mas Röhr OCT — Audioversion

Lie­be Schwes­tern und Brüder,

die bei­den Per­so­nen Eli­ja und Pe­trus sind nicht nur wich­ti­ge Ge­stal­ten un­se­res Glau­bens, Eli­ja und Pe­trus sind wir auch sel­ber. Sie of­fen­ba­ren un­se­re Gren­zen und Ängs­te, aber auch un­se­re Hoff­nun­gen und Sehn­süch­te. Vor al­lem aber wol­len sie uns er­zäh­len, wie sie Gott er­fah­ren ha­ben. Das ist oft die wich­tigs­te Bot­schaft, die trans­por­tiert wer­den soll, und nicht, was wir ma­chen sol­len. Auch soll­ten wir uns hü­ten, hin­ter je­der Kri­se gleich den Un­ter­gang des christ­li­chen Abend­lan­des se­hen zu wol­len oder per­sön­li­che Nie­der­la­gen. Es kann näm­lich durch­aus sein, dass uns das Ge­heim­nis Got­tes ge­ra­de in die­ser Wei­se be­rüh­ren möch­te, nicht nur, aber oft. War­um? Weil wir dann lee­rer sind von ei­ge­nen Vor­stel­lun­gen und Er­war­tun­gen, wie Gott ge­gen­wär­tig sein muss, weil wir dann auf­ge­bro­chen und be­freit wer­den aus den Bun­kern un­se­rer Fest­le­gun­gen und un­se­res ge­müt­li­chen, in­ne­ren Ein­ge­rich­tet­seins. Weil dann dog­ma­ti­sche Fun­da­men­te an­fan­gen zu brö­ckeln, da­mit wir uns neu im Ver­trau­en wa­gen und uns neu oder wie­der in Got­tes Wei­te und Of­fen­heit tra­gen lassen.

Gott hat nichts zu tun mit al­ler Art von re­li­giö­ser Ge­walt und dem Miss­brauch Got­tes, um den „fal­schen“ Re­li­gio­nen klar zu ma­chen, wer nun den stär­ke­ren Gott hat, wie bei Eli­ja am Berg Kar­mel. Als die Ge­walt auf ihn selbst zu­rück­fällt, ist er schwach, ängst­lich und voll­kom­men de­pri­miert. Sei­ne Ge­walt taug­te nichts und war letzt­lich Got­tes­läs­te­rung. Er lern­te in sei­ner De­pres­si­on, dass Gott sanft und zärt­lich da­her­kommt, für ihn sel­ber, aber auch für al­le an­de­ren. Denn das Kreuz wird spä­ter end­gül­tig klar ma­chen, dass Ge­walt in re­li­giö­sen Din­gen nie im Na­men Got­tes, son­dern im­mer im Na­men von Men­schen ge­schieht, und sei sie noch so herr­lich re­li­gi­ös begründet.

Und was lehrt uns Pe­trus? Vor al­lem, dass un­ser Glau­be in den Stür­men des Le­bens ba­den geht, dass von ihm we­nig üb­rig bleibt, wenn uns das Was­ser bis zum Hals steht. Aber noch mehr lehrt uns Pe­trus, dass wir ge­hal­ten sein wer­den, wenn wir schein­bar al­len Halt ver­lo­ren ha­ben. Auch hier ist Got­tes­er­fah­rung im Mit­tel­punkt, näm­lich die, dass uns Ver­trau­en ge­gen al­le Angst ge­schenkt wird, wenn wir es nicht mehr als ei­ge­ne Leis­tung ver­ste­hen kön­nen. So sa­gen Eli­ja und Pe­trus uns heu­te, dass sich Gott uns ge­ra­de da als zärt­lich und tra­gend er­fah­ren lässt, wo wir es am we­nigs­ten er­war­ten wür­den. Die­se Er­fah­rung, die ver­wan­delt, wün­sche ich uns al­len. Amen.

P. Tho­mas Röhr OCT