(Apg 2, 42–47; 1 Petr 1, 3–9; Joh 20, 19–31)
Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Leserinnen und Leser,
der 2. Sonntag der Osterzeit, auch „Weißer Sonntag“ genannt, ist zugleich „Sonntag der Barmherzigkeit“. Es ist jener Sonntag, an dem eigentlich unsere Erstkommunion sein sollte. Durch die gegenwärtige Situation musste sie verschoben werden. Das ist für uns und besonders für unsere Kinder, die sich schon lange darauf vorbereitet hatten, sehr traurig.
Beinahe gleicht diese Situation jener, wie wir sie gerade in den Ostergeschichten erfahren, so auch im heutigen Evangelium. Da war Trauer und Enttäuschung, da war Furcht und Verschlossenheit. Da war alles andere als freudige und hoffnungsvolle Erwartung einer österlichen Erfahrung. Genau das aber macht die Ostergeschichten so authentisch und ehrlich. Da steigert sich niemand hinein in österliche Halluzinationen. Da steht niemand da mit ausgebreiteten Armen, um das langersehnte, österliche Licht zu empfangen. Beschämt sind eher die Jünger über ihre Gründonnerstagsflucht und die vorschnellen Treueschwüre, die das reale Leben schnell und wie so oft in Luft aufgelöst hatte. Nirgendwo ist auch nur ein Hauch von Auferstehungshoffnung zu erkennen.
Man mag sich ja noch so aufgeklärt oder enttäuscht gegen solche unerwarteten Erfahrungen verschließen. Das hindert den Auferstandenen aber nicht, uns einfach in der tiefsten Mitte unseres Herzens und unserer Gemeinschaft, trotz verschlossener Türen des Herzens und des Verstandes, zu berühren. Als uneingestanden schwache, verletzliche und darum oft mit sich und anderen unbarmherzige Menschen würden wir jetzt eine Standpauke Jesu erwarten. Aber er wünscht stattdessen zweimal Frieden, der wirklich nötig und schon selbst eine Ostererfahrung ist. Wie später Thomas zeigt er seine Hände und Seite, um sich so als Auferstandener mit dem zu identifizieren, der als ihr Geliebter gekreuzigt wurde. Kein Wunder, dass sich die bleischwere Trauer in federleichte Freude verwandelte. Darum ist die Ostererfahrung auch keine Kunst, denn sie ist genauso wie die Liebe ein absolut unverdientes Geschenk. Dem Thomas nachher „Ungläubigkeit“ anzuhängen, ist geradezu gehässig und unsolidarisch. Denn niemand glaubte und glaubt von sich aus oder aus eigener Kraft. Das ist immer so, damit sich niemand etwas auf seinen Glauben einbilden kann, und es erfordert darum einen behutsamen Umgang mit jenen, denen man so schnell und gerne mit gewohnter Überheblichkeit das Schild „ungläubig“ umhängen möchte.
Es mag ja „Geisterspiele“ und „Geistergottesdienste“ geben, aber Thomas hält nichts von Geisterei. Er will sehen, spüren, berühren, und zwar keinen Geist oder Jesusroboter, sondern jenen, den er umarmt und geliebt hat. Der hat Liebeswunden, wie alle Liebenden. Sie sind der Ausweis dafür, dass er kein falscher Geist und kein theologischer Fake, sondern wirklich LIEBE ist.
Natürlich weiß niemand, wie das nun genau mit dem Auferstandenen war und ist. Zu sehr sprengt die Unendlichkeit irdene Gefäße menschlich, begrenzter Erkenntnis.
Nicht Thomas berührt letztendlich, sondern der Auferstandene selbst, und er schenkt Thomas den Glauben wie zuvor all den anderen: „Sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ (Joh 20, 27). Das ist doch kein Vorwurf, sondern eine befreiende Zusage von geschenktem Osterglauben.
Die Antwort des Thomas „Mein Herr und mein Gott“ ist die schönste, die man auf eine Ostererfahrung geben kann. Sie bestätigt nämlich, dass der „ICH BIN DA“ in Jesus und dem Auferstandenen präsent war und ist. Thomas verbindet mit diesem Ausruf Himmel und Erde, Göttliches und Irdisches. Das Himmelreich ist nahe, so verkündete auch Jesus und verband es mit der realen Erfahrung von geheiltem Leben. Darum kann man selig sein, ohne zu sehen. Ohne Erfahrung allerdings kann man es nicht. Sie ist ein Geschenk, auf das wir immer vertrauen dürfen. Dafür stehen der hl. Thomas und die anderen Jüngerinnen und Jünger von damals wie heute.
Diese Erfahrung wünsche ich uns und besonders unseren Erstkommunionkindern, auch wenn sie manchmal noch schmerzlich auf sich warten lässt. Amen.
Euer / Ihr
P. Thomas OCD
PS: zum Osterlachen
„Ich konnte heute nicht in die Kirche gehen“, erklärt der Großvater. „Hat der Pfarrer lang gesprochen?“ –
„Mindestens eine halbe Stunde“, gibt Karin Auskunft.
„Und worüber hat er gesprochen?“
— „Das hat er nicht gesagt“, meint Karin.