1.Fastensonntag B (18.02.2024)

(Gen 9, 8–15; 1 Petr 3, 18–22; Mk 1, 12–15)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
es be­ein­druckt mich im­mer wie­der, dass der­sel­be Geist, der eben noch bei der Tau­fe Je­su in Ge­stalt ei­ner Tau­be auf Je­sus her­ab­kam, ihn so­fort in die Wüs­te treibt, um ihn dort, wie es heißt, vom Sa­tan in Ver­su­chung füh­ren zu las­sen. Beim Evan­ge­lis­ten Mar­kus wird das kurz und knapp ge­schil­dert, im Ge­gen­satz zu Mat­thä­us und Lu­kas.
Frei­lich fragt man sich, war­um Je­sus erst ein­mal in die Wüs­te muss. Vie­le ver­bin­den, ob­wohl sie nie in ei­ner rea­len Wüs­te wa­ren, sehr un­ter­schied­li­che Vor­stel­lun­gen da­von. Wenn nicht ge­ra­de Tou­ris­ten mit Quads, Mo­tor­rä­dern und Au­tos durch die Wüs­te ra­sen, sehr zum Leid­we­sen vie­ler Wüs­ten­be­woh­ner, dann ist Wüs­te tat­säch­lich vor al­lem ein Ort der Stil­le, ein Ort, der uns all‘ je­ne Flucht­mög­lich­kei­ten raubt, von de­nen wir ge­wöhn­lich Ge­brauch ma­chen, wenn wir vor al­lem auf der Flucht vor uns sel­ber und un­se­ren in­ne­ren Stim­men sind.
Ge­wöhn­lich ist un­se­re Welt das Ge­gen­teil von Wüs­te. Sie ist laut, hek­tisch, ge­hetzt, Tief­gang ver­hin­dernd. Vie­le Men­schen sind zu­dem An­alpha­be­ten, was das Buch ih­res In­nern be­trifft. Es sind je­ne, die hier Lie­der der Lie­be sin­gen kön­nen und dort Hass und Het­ze an­de­ren um die Oh­ren hau­en, oh­ne schein­bar zu mer­ken, dass dies in kei­ner Wei­se zu­sam­men­passt. Viel­leicht wä­ren man­che et­was vor­sich­ti­ger mit dem, was sie tun und re­den, wenn ih­nen be­wusst wä­re, dass dies vor al­lem et­was über sie sel­ber aus­sagt.
Aber noch ein­mal: war­um treibt der Geist Je­sus in die Wüs­te? Ant­wort: weil Je­sus ein Mensch war und un­be­dingt sei­nen Halt in Gott fin­den muss­te. Er wuss­te um die Ver­su­chung, sich selbst zur Mit­te und zum Na­bel der Welt zu ma­chen, ge­ra­de auch, wenn man so vie­le Be­wun­de­rer und Nach­fol­ger hat. Je­sus muss­te spü­ren, wie schnell man da­zu be­reit ist, in sei­ner ei­ge­nen Sehn­sucht, ge­se­hen und wert­ge­schätzt zu wer­den. Dar­um kämpft in der Ver­su­chungs­ge­schich­te des Mar­kus Je­sus nicht ge­gen et­was, son­dern nimmt die­se Er­fah­rung und Ver­su­chung an, wenn es am En­de heißt, dass er bei den wil­den Tie­ren leb­te. Dass ihm die En­gel dien­ten, be­schreibt, wie sehr ihm die An­nah­me all‘ des­sen ge­lun­gen ist, was man sonst so ger­ne ver­drängt. Da kann dann wirk­lich ein Stück Him­mel in uns sein, ei­ne Oa­se, die Frie­den und Frei­heit in ei­nem sel­ber be­deu­ten.
Dar­um trieb der Geist Je­sus in die Wüs­te, da­mit Je­sus lernt, frei zu sein für sei­ne Be­ru­fung, stark ge­nug, um sich lie­ber in Gott und sei­ner Lie­be, als in der Be­wun­de­rung und Be­geis­te­rung der Men­schen zu ver­lie­ren.
Man denkt ja ger­ne Je­sus als „Sohn Got­tes“ wie Gott als un­ver­än­der­lich und über al­lem er­ha­ben. Aber auch das ist ei­ne Ver­su­chung, auf die Je­sus nicht her­ein­ge­fal­len ist. Er war ein „Men­schen­sohn“, ein Bru­der in al­lem, was un­ser Mensch­sein aus­macht. Und so will er im­mer an un­se­rer Sei­te sein, um uns in un­se­rer ei­ge­nen Mensch­wer­dung zu be­glei­ten, zu ver­ste­hen und zu be­schüt­zen.
Da­für sei ihm im Hin­blick auf sei­ne ei­ge­nen Wüs­ten­er­fah­run­gen heu­te von Her­zen ge­dankt. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)