17. Sonn­tag im Jah­res­kreis (30.07.2023)

(1 Kön 3, 5.7–12; Röm 8, 28–30; Mt 13, 44–46)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
was im­mer man ler­nen möch­te oder muss: nicht die In­tel­li­genz ist vor al­lem ent­schei­dend, son­dern die Mo­ti­va­ti­on. Wer ein In­stru­ment ler­nen will, soll­te es zu­al­ler­erst lie­ben oder lie­ben ler­nen, sonst wird das sehr müh­se­lig. War­um er­wäh­ne ich das? Weil sich Je­sus heu­te im Evan­ge­li­um mit sei­nen Gleichmis­sen vom Schatz und von der kost­ba­ren Per­le be­müht, Gott als Schatz, als kost­ba­re Per­le, in un­se­rem Le­ben zu ent­de­cken.
Ich be­fürch­te, dass es vie­len schwer­fal­len wird, Gott so zu se­hen und zu er­fah­ren. Zu oft wur­de und wird er als Mo­ral­keu­le miss­braucht, als Droh­ku­lis­se, wenn man viel­leicht sein Le­ben ver­fehlt, was im­mer das heißt. Wie oft wur­de und wird er be­nutzt, um in­sti­tu­tio­nell wie pri­vat lieb­lo­ses Ver­hal­ten zu recht­fer­ti­gen. Wer hei­li­ge Bü­cher mit Fü­ßen tritt, ist lieb­los und un­ver­ant­wort­lich und hat von wirk­li­cher Frei­heit nichts ver­stan­den, weil sie eben manch­mal auch die Frei­heit be­deu­tet, et­was um der Lie­be wil­len nicht zu tun.
In geist­li­chen Kom­men­ta­ren zu die­sem Gleich­nis vom Schatz im Acker und der wert­vol­len Per­le wird oft fälsch­li­cher­wei­se be­haup­tet, dass man eben al­les her­ge­ben muss, um die­sen Schatz, die­se wert­vol­le Per­le, zu fin­den. Da­bei geht es doch nicht um ei­ne Be­din­gung, son­dern um ei­ne Er­fah­rung. Weil man ge­fun­den hat, setzt man leicht ganz an­de­re Prio­ri­tä­ten. Das ist so ähn­lich, wie man sich ver­liebt hat. Da geht man nicht lie­ber zum Fuß­ball­spiel mit sei­nen Freun­den, son­dern trifft sich viel­mehr statt­des­sen mit dem ge­lieb­ten Men­schen. Es sei denn, der ist auch fuß­ball­be­geis­tert.
Ein wei­te­rer Aspekt wird oft über­se­hen. Da sind Men­schen, die ih­rem all­täg­li­chen Le­ben nach­ge­hen oder auf der Su­che sind. Bei­den aber wird der Schatz bzw. die Per­le ge­schenkt.
Wenn Je­sus al­so Gott, das Him­mel­reich, mit dem Schatz und der Per­le ver­gleicht, dann ist das Fin­den im­mer sein Ge­schenk und nicht der Müh­sal des Men­schen ge­schul­det. Wenn uns al­so Gott noch nicht oder nicht mehr als Schatz, als kost­ba­re Per­le, be­geg­net, dann lasst uns da­nach su­chen, uns da­nach seh­nen. Er­lau­ben wir Gott, uns von „dä­mo­ni­schen Got­tes­bil­dern“ (Karl Frie­lings­dorf) zu be­frei­en, da­mit er end­lich wie­der als Schatz oder kost­ba­re Per­le wahr­ge­nom­men wer­den und uns dar­um heil­sam, er­mu­ti­gend und tröst­lich be­geg­nen kann. Wer Gott sol­cher­art ge­fun­den und ge­schenkt be­kom­men hat, der kann sich nicht mehr über an­de­re er­he­ben, weil er weiß, dass das nicht sei­ne Leis­tung war.
Es gibt mehr Men­schen mit hö­ren­dem Her­zen, als man­che wahr­ha­ben wol­len. Sie müs­sen nicht ein­mal in ei­ner Re­li­gi­on be­hei­ma­tet oder ver­wur­zelt sein. Aber auch sie kön­nen ei­nen Schatz, ei­ne kost­ba­re Per­le des Le­bens ge­fun­den ha­ben. Sie sind al­len Su­chen­den und Her­zof­fe­nen Schwes­tern und Brü­der im Geist. 
Mö­gen al­so auch uns hö­ren­de Her­zen ge­schenkt sein. Mö­gen wir aber vor al­lem Gott mehr und mehr als Schatz und kost­ba­re Per­le er­fah­ren dür­fen, nicht zu­erst um un­se­ret­wil­len, son­dern vor al­lem um Got­tes wil­len. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)