2. Fas­ten­sonn­tag (13.03.2022)

(Gen 15,5–12.17.18; Phil 3,20–4,1; Lk 9,28b-36)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
Abra­ham gilt als „Va­ter des Glau­bens“ für Ju­den, Chris­ten und Mus­li­me. Bei al­len Un­ter­schie­den in Leh­ren und In­ter­pre­ta­tio­nen ist er ein al­le drei Re­li­gio­nen ver­bin­den­des Ele­ment. Da­bei spielt es über­haupt kei­ne Rol­le, ob er ei­ne his­to­ri­sche oder fik­ti­ve Ge­stalt ist. Denn es kommt auf den In­halt an, den die Per­son „Abra­ham“ in un­se­re Her­zen trans­por­tie­ren soll. Was aber soll nun trans­por­tiert wer­den? Nun, die Ver­hei­ßung, die Abra­ham von Gott be­kommt, ist für den al­ten Mann ei­ne ziem­li­che Ver­rückt­heit und wo­mög­lich auch Zu­mu­tung, wenn man sie wort­wört­lich nimmt. Aber Abra­ham scheint sie zu­nächst nicht wört­lich zu neh­men, denn er glaub­te dem Herrn, dass sei­ne Nach­kom­men so zahl­reich wie die Ster­ne am Him­mel sein wer­den. Und es heißt dann: „Und er glaub­te dem Herrn und das rech­ne­te er ihm als Ge­rech­tig­keit an.“ (V6) Gott liebt es of­fen­bar, wenn wir ihm mehr zu­trau­en, als un­ser Ver­stand be­grei­fen kann.
Abra­ham glaubt ja auch nicht ganz so blind, denn schließ­lich fragt er nach, wor­an er das er­ken­nen soll? Im Üb­ri­gen macht das Ma­ria, die Mut­ter Je­su, auch nicht an­ders (vgl. Lk 1,34). Es mag ja sein, dass wir manch­mal blind ver­trau­en müs­sen, aber grund­sätz­lich darf bei Gott auch nach­ge­fragt wer­den. Ein biss­chen Ge­wiss­heit darf schon sein. Auch Lie­be und Freund­schaft le­ben von Zei­chen, die die Her­zens­er­fah­rung zum Aus­druck brin­gen sol­len.
Das Ri­tu­al, das bei Abra­ham Got­tes Ver­hei­ßung be­stä­ti­gen soll, ist schwer zu ver­ste­hen. Doch wenn Men­schen vom Ge­heim­nis Got­tes be­rührt wer­den, dann steht nicht un­be­dingt zu­erst ei­ne Ek­sta­se, son­dern mög­li­cher­wei­se Angst und gro­ßes Dun­kel (Gen 15,12). Die­se Er­fah­rung be­geg­net uns heu­te auch im Evan­ge­li­um bei der sog. „Ver­klä­rungs­ge­schich­te“, wo die Jün­ger in der Wol­ke der Ver­bor­gen­heit Got­tes in Furcht ge­rie­ten. Die Stim­me Got­tes aus der Wol­ke sagt et­was, das ge­ra­de heu­te für vie­le Chris­ten von gro­ßer Be­deu­tung sein könn­te. Sie sagt: „Die­ser ist mein aus­er­wähl­ter Sohn, auf ihn sollt ihr hö­ren!“ (Lk 9,35). Letz­te Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur für Chris­ten ist nicht ei­ne abs­trak­te Kir­che, nicht der Papst, die Bi­schö­fe oder die Pries­ter, son­dern ein­zig und al­lein je­ner, den Gott sei­nen ge­lieb­ten Sohn nennt. Auf ihn zu hö­ren, be­deu­tet, sei­ner Bot­schaft und sei­nem Tun zu glau­ben, dass Gott im­mer trotz al­lem Lie­be ist und bleibt und je­den ein­zel­nen von uns in die­sem Je­sus als sei­ne ge­lieb­ten Töch­ter und Söh­ne sieht und an­spricht, ob un­ser Le­ben ge­lun­gen scheint oder nicht, ob wir der Norm und den Kon­ven­tio­nen ent­spre­chen oder nicht, ob das Le­ben ge­ra­de dun­kel oder hell ist.
Bei­de, Abra­ham und Je­sus, er­mu­ti­gen uns, Ver­trau­en zu wa­gen, selbst dann noch, wo es gänz­lich un­ver­nünf­tig er­scheint. Wir wer­den es viel­leicht in den Nö­ten des Le­bens manch­mal nicht hin­be­kom­men mit dem Ver­trau­en. Aber Gott hat sich in Abra­ham und auch in Je­sus ein­sei­tig an sei­ne Ver­hei­ßung ge­bun­den, egal, wie wir uns ge­ra­de da­zu po­si­tio­nie­ren. Sei­ne Lie­be gilt und bleibt im­mer, ob wir nun glau­ben oder nicht.
Die­se fro­he Bot­schaft steht als An­ge­bot in al­le Ewig­keit, in ihr sol­len wir Halt, Zu­ver­sicht und Kraft fin­den. Das meint Pau­lus, wenn er schreibt: „Steht fest im Herrn, Ge­lieb­te!“ (Phil 4,1). Das „er­klärt“ nichts. Aber es klärt man­che Nacht und Un­ru­he ein we­nig auf. Um die­se Er­fah­rung lasst uns Gott bit­ten. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)