2. Fas­ten­sonn­tag A (05.03.2023)

(Gen 12, 1–4a; 2 Tim 1,8b-10; Mt 17, 1–9)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
es gibt ei­ne sehr schö­ne Bild­kar­te aus der „Wie­ner Ge­ne­sis“ mit dem Ti­tel „Ver­hei­ßung an Abra­ham“, da steht Abram, wie er da noch heißt, wie an­ge­wur­zelt da und ei­ne himm­li­sche Hand zeigt weg von ei­nem Haus, de­ren Tür si­cher­heits­hal­ber noch ein we­nig of­fen­steht. Der schma­le, grü­ne Weg wird im­mer schma­ler. Wo er hin­führt, das sieht man nicht.
Ich mei­ne, es gibt Men­schen, die bre­chen im­mer wie­der ger­ne auf, an­de­re eher nicht. Vie­le hän­gen an dem, was man Hei­mat nennt, für an­de­re gilt das wie­der­um nicht. Abram ist alt, da setzt man sich ei­gent­lich zur Ru­he. Und auf dem Bild sieht es nicht so aus, als hät­te er gro­ße Lust, auf­zu­bre­chen. Er sieht eher ängst­lich aus. Da­durch aber wirkt er sym­pa­thisch, mensch­lich, und nicht wie der gro­ße Glau­bens­held, als den ihn die abra­ha­mi­ti­schen Re­li­gio­nen ger­ne glau­ben. Klar ist er auch ein Held, weil er am En­de tat­säch­lich los­ge­zo­gen ist. Aber er blieb ein Mensch und so­zu­sa­gen auch ein Bru­der in der Mü­he, im­mer wie­der, äu­ßer­lich, wie in­ner­lich, auf­zu­bre­chen.
Die­ses Bild und auch un­ser Text heu­te ver­schweigt frei­lich, was uns kaum be­wusst bzw. in Er­in­ne­rung ist. Denn schon sein Va­ter Te­r­ach brach aus Ur in Chaldäa Rich­tung Ka­na­an auf, blieb aber in Ha­ran hän­gen (Gen 11, 27–32). Was wir eben­so nicht im Be­wusst­sein ha­ben, ist die Tat­sa­che, dass we­der sein Va­ter, noch Abram sel­ber, be­zie­hungs- noch mit­tel­los auf­ge­bro­chen sind. Kei­ner von uns muss al­lei­ne un­ter­wegs sein, auch wenn es manch­mal so ist bzw. sich so an­fühlt.
Im Grun­de sagt uns doch die Ge­schich­te mit Abram, dass das Le­ben im­mer wie­der ein Auf­bre­chen ist, von dem nie­mand weiß, wie die Zu­kunft wirk­lich aus­se­hen wird. Le­dig­lich die bun­te, himm­li­sche Hand und der blaue Ster­nen­him­mel auf dem Bild der „Wie­ner Ge­ne­sis“ deu­ten an, dass un­se­re pri­va­ten wie ge­mein­sa­men Auf­brü­che ge­seg­ne­te sind.
Da­bei muss kei­ner so tun, als fie­len Auf­brü­che leicht, das Zu­rück­las­sen von Ver­trau­tem und Ge­lieb­ten. Kei­ner muss so tun, als wä­re mit Glau­ben al­les kin­der­leicht und nicht er­wach­sen­schwer. So et­was be­haup­ten ja meis­tens Leu­te, die al­les an­de­re als be­reit sind, in­ner­lich wie äu­ßer­lich auf­zu­bre­chen. Aber Auf-bruch im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes will auf­bre­chen, was nicht mehr lebt oder gar le­bens­feind­lich ge­wor­den ist. Den An­stoß da­zu gibt uns oft das Le­ben oder eben Gott sel­ber.
Der letz­te Auf­bruch wird das Ster­ben sein. Wo­hin der geht, will uns die Ge­schich­te von der Ver­klä­rung zei­gen. Es ist ei­ne Os­ter­ge­schich­te, die zu­rück­leuch­tet in die All­tags­ge­schich­ten und Auf­bruchs­ge­schich­ten des ir­di­schen Le­bens. Sie er­mu­tigt uns, dar­an zu glau­ben, dass der grü­ne, al­so hoff­nungs­ge­pflas­ter­te, zwar ir­disch im­mer schma­ler wird, aber am En­de in pral­les, licht­durch­flu­te­tes Le­ben führt.
In die­ser Hoff­nung soll­ten wir ein­an­der be­stär­ken. Wir soll­ten uns auch mehr ein­an­der seg­nen in un­se­ren Auf­brü­chen, al­lein oder ge­mein­sam, als wir es ge­wöhn­lich tun, ob es nun ge­ra­de Fas­ten­zeit ist oder nicht. Aber auch das ist tiefs­ter Sinn von Fas­ten­zeit: brich auf, in­ner­lich, äu­ßer­lich oder bei­des, mit und durch Got­tes Se­gen.
Wie heißt es am En­de der Le­sung la­pi­dar? „Da ging Abram, wie der Herr ihm ge­sagt hat­te.“ (V4a)
Das wün­sche ich uns, wo, wann und wie im­mer wir auf­bre­chen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)