(Apg 4, 32–35; 1 Joh 5, 1–6; Joh 20, 19–31)
Liebe Schwestern und Brüder,
nun, es muss jetzt niemand Angst haben, dass ich auffordere, wie in der Apostelgeschichte, dass „alle, die Grundstücke oder Häuser besitzen, diese zu verkaufen“ (Apg 4, 34). Und wenn, dann müsste das Kloster natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Man muss schon sagen, dass die Apostelgeschichte ein doch recht idealisiertes Bild von „Gemeinde“ zeichnet, wie es Gemeinde wohl nicht gegeben hat. Davon legen ja die Briefe des Apostels Paulus ein beredtes Zeugnis ab. Aber warum schreibt dann die Apostelgeschichte so? Ich denke, dass sie in pointierter Weise deutlich machen möchte, wie sehr der Glaube, auch und gerade der Osterglaube, ganz praktisch, alltägliche Konsequenzen haben muss, und nicht auf bloße Bekenntnisse und religiöse Übungen reduziert werden darf. Das Christentum hat nicht zuerst mit einer neuen Lehre, sondern mit einem neuen Miteinander beeindruckt, das sich aus der Verkündigung und Praxis Jesu ergab. Denn wenn wir einen gemeinsamen Vater im Himmel haben, der uns in achtsamer Liebe verbinden will, dann sind wir eben alle Geschwister, unabhängig davon, was jemand für Dienste oder Ämter übernommen hat. Dann sind auch Dienste und Ämter kein „Eigentum“, schon gar nicht eine Auszeichnung, die die Amtsträger von anderen herausheben oder gar über sie hierarchisch stellen wollte. Sie sollten vor allem dafür Sorgen tragen, dass das Miteinander von Verantwortung und Sorge füreinander geprägt sei, wobei das vor allem auch für ihr eigenes Verhalten galt und gilt.
„Ein Herz und eine Seele“ (V32) zu sein, bedeutet nicht, dass alles und jeder gleichgeschaltet wird. Es bedeutet, gemeinsam in der Liebe Gottes und Jesu verankert zu sein und von daher je neu Gemeinschaft zu stiften, zu fördern und zu stützen. Letztlich ist es der Versuch, den Geist von Gründonnerstag in den Alltag zu integrieren und Ostern eben nicht nur als Hoffnung auf das ewige Leben zu reduzieren, sondern vor allem als Bestätigung der Lebenspraxis Jesu zu deuten.
Jesus war wie Gott ein Gemeinschaftsstifter, der die Mauern von Abgrenzung, Ausgrenzung und neurotischer Ichverkrümmung einriss, zugunsten gemeinsamer Gotteskindschaft, (die sich nicht auf Religiöse beschränkt!), die die gleiche Würde aller begründete und einem barmherzigen und liebevolleren Umgang im Namen Gottes miteinander einforderte.
Daran erinnern auch die Wunden Jesu, die Thomas berühren sollte. Denn diese Wunden verweisen auf das Wunder einer wundervollen Liebe, die nicht totzukriegen war und bis über den Tod hinaus in Gottes unbegreifliche Ewigkeit hineinleuchtet. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)