21. Sonn­tag im Jah­res­kreis C (21.08.2022)

(Jes 66, 18–21; Hebr 12, 5–7.11–13; Lk 13, 22–30)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
man könn­te als Pre­di­ger heu­te ein­fach so tun, als gä­be es die doch recht frag­wür­di­gen Sät­ze der 2. Le­sung aus dem He­brä­er­brief und aus dem Lu­kas­evan­ge­li­um nicht. Man­che wer­den ver­su­chen, sie zu ent­schär­fen oder sie so zu er­klä­ren, dass sie nicht mehr weh­tun. Oder aber man kri­ti­siert ei­nen heu­te an­geb­lich oft ge­pre­dig­ten „Ku­schel­gott“, der uns nichts mehr zu­mu­tet und freut sich über end­lich kla­re Wor­te, die frei­lich nur „die an­de­ren“ be­tref­fen. Er­staun­li­cher­wei­se kom­men die tröst­li­chen Wor­te heu­te aus dem 1. Tes­ta­ment, aus dem Buch Je­sa­ja. Die Jün­ge­rin­nen und Jün­ger des Pro­phe­ten Je­sa­ja, die wäh­rend und nach dem ba­by­lo­ni­schen Exil wirk­ten, zeig­ten doch ei­ne gro­ße Wei­te des Den­kens und Her­zens. Mit Got­tes Hil­fe über­spran­gen sie Mau­ern der Ab- und Aus­gren­zung, wie wir sie heu­te im Lu­kas­evan­ge­li­um hö­ren bzw. le­sen kön­nen. Bei den Je­sa­ja­schü­le­rin­nen und ‑schü­lern gab es ei­ne Of­fen­heit für ei­ne Viel­völ­ker­welt, wie sie schon die Per­ser prak­ti­zier­ten. Gott ist Va­ter und Mut­ter al­ler Völ­ker, er ist ein Gott der Klei­nen, der Aus­ge­grenz­ten, der Su­chen­den, Elen­den, Ge­knick­ten, Trau­ri­gen, Ent­täusch­ten….
Er braucht kei­ne Tem­pel und Got­tes­häu­ser mehr und macht je­ne zu Pries­tern, die das gar nicht dürf­ten. Nein, er ist kein züch­ti­gen­der Va­ter, als ob das selbst­ver­ständ­lich wä­re. Und doch, die­se Art von „Zucht des Herrn“ ver­ach­te ich und leh­ne sie ab. Für die­sen Gott ist Je­sus nicht ge­stor­ben, son­dern für je­nen, der den Ver­lo­re­nen nach­geht und ein Freund der „Zöll­ner und Sün­der“ ist, die in den Au­gen der selbst­er­nann­ten From­men ei­gent­lich ge­hö­rig ge­züch­tigt wer­den müss­ten. Nein, und ich glau­be auch nicht an je­nen Gott, der ein­fach Tü­ren ver­schließt und für im­mer aus sei­ner Lie­be aus­schließt. Ja, ich! ken­ne Men­schen, die ich ger­ne aus­schlie­ßen wür­de, die es wirk­lich, je­den­falls rein äu­ßer­lich, nicht ver­dient ha­ben, am himm­li­schen Hoch­zeits­mahl teil­zu­neh­men. Ich be­kom­me das wirk­lich manch­mal nicht auf die Rei­he und hof­fe na­tür­lich in­brüns­tig, dass ich nicht selbst da­zu ge­hö­re! Und wer hät­te nicht auch schon Un­recht ge­tan, je­nes Kri­te­ri­um al­so, das im Evan­ge­li­um zum Aus­schluss führt?!
Ja, es wer­den vie­le von Os­ten und Wes­ten, von Nor­den und Sü­den kom­men und bei Gott sein. Und es sind tat­säch­lich nicht zu­erst die, die im­mer ganz oben stan­den, die die ers­ten und all­wis­sen­den Pri­vi­le­gier­ten wa­ren, die sich das Recht her­aus­nah­men, in Ge­rech­te und Un­ge­rech­te, in Gläu­bi­ge und Un­gläu­bi­ge, in Wür­di­ge und Un­wür­di­ge ein­zu­tei­len.
Ja, das blo­ße Da­zu­ge­hö­ren zur na­tür­lich rich­ti­gen Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft ist kein Be­ru­hi­gungs­grund, noch er­laub­ter An­lass, die Na­se über an­de­re zu rümp­fen. Was zählt, ist das ehr­li­che Be­mü­hen, ein Mensch zu sein, zu blei­ben und zu wer­den und für ein lie­be­vol­les Mit­ein­an­der zu sor­gen, wo und wie im­mer es geht.
Die „en­ge Tür“ ist ein Bild da­für, wie sich je­der zu die­ser Hal­tung höchst­per­sön­lich ent­schei­den muss. Nur mit der Her­de mit­lau­fen, kann man lei­der nicht.
Mö­ge uns je­ne Of­fen­heit und Wei­te der Jün­ge­rin­nen und Jün­ger des Je­sa­ja, aber vor al­lem die von Je­sus und Gott sel­ber ge­schenkt sein, des­sen letz­tes Wort nicht Ge­richt, son­dern Lie­be ist, und zwar für al­le und al­les. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)