28. Sonn­tag im Jah­res­kreis C (09.10.2022)

(2 Kön 5,1.9–19; 2 Tim 2,8–13; Lk 17,11–19)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
ich ha­be vor ei­ni­ger Zeit mal ein Bild auf mein Smart­phone be­kom­men, da war ein ge­zeich­ne­ter Fisch­schwarm in ei­ner Rich­tung un­ter­wegs. Mit­ten­drin schwamm ein grü­ner Fisch ge­nau ent­ge­gen­ge­setzt. Da ist schön ins Bild ge­setzt, was es heißt, ge­gen den Strom zu schwim­men. Was man na­tür­lich nicht se­hen kann, ist die Er­fah­rung, wie man sich fühlt, wenn man das im wirk­li­chen Le­ben tut. Da gibt es Wi­der­stand, Be­dro­hung, Druck, gar Be­lei­di­gung und u.U. den Aus­schluss aus der Mehr­heits­ge­mein­schaft. Aus­ge­schlos­sen­sein ist ein Hor­ror­ge­fühl, vor dem sich fast al­le Men­schen fürch­ten, seit es Men­schen gibt und sich selbst und sei­ne tiefs­ten Über­zeu­gun­gen dann am En­de ver­ra­ten lässt. Man kann die­ses Ge­fühl auch mit dem Be­griff des „Aus­sät­zigs­eins“ um­schrei­ben.
In der 1. Le­sung und im Evan­ge­li­um be­geg­nen uns heu­te kör­per­lich Aus­sät­zi­ge, die es frei­lich auch in­ner­lich sind. Der Sy­rer Ná­a­man ge­hört zu ei­nem frem­den Volk und wird doch von dem Got­tes­mann Eli­scha ge­heilt. Es lohnt sich, die­se Hei­lungs­ge­schich­te noch­mal im Gan­zen zu me­di­tie­ren. Im Evan­ge­li­um wer­den gleich 10 Aus­sät­zi­ge ge­heilt, wo­bei nur ei­ner, ein Frem­der, um­kehrt, um nicht nur Gott, son­dern auch dem zu dan­ken, der die­se Hei­lung ver­mit­telt hat. Was an bei­den Ge­schich­ten auf­fällt, ist die Tat­sa­che, dass für den Hei­lungs­pro­zess der Aus­sät­zi­gen we­der was Schwe­res oder viel Geld ver­langt wird, noch viel­leicht er­war­te­te, spek­ta­ku­lä­re Hei­lungs­ri­tua­le statt­fin­den. Wäh­rend Ná­a­man we­gen der simp­len Hei­lungs­mo­da­li­tä­ten an­fangs noch pro­tes­tiert, ge­hen die 10 Aus­sät­zi­gen im Evan­ge­li­um im Na­men Je­su ein­fach los, um sich, wie da­mals üb­lich, von den Pries­tern als ge­heilt re­gis­trie­ren zu las­sen. Die­sen Mut und die­ses Ver­trau­en fin­de ich schon ziem­lich er­staun­lich. Erst un­ter­wegs ge­schieht Hei­lung, für die si­cher al­le dem lie­ben Gott im Tem­pel ge­dankt ha­ben wer­den. Die Fra­ge Je­su ist falsch: „Ist denn kei­ner um­ge­kehrt, um Gott zu eh­ren, au­ßer die­sem Frem­den?“ (Lk 17,18) Das Fremd­sein, al­so das nicht zum sog. „aus­er­wähl­ten Volk“ zu ge­hö­ren, hat er mit Ná­a­man ge­mein­sam. Aber rich­tig müss­te die Fra­ge doch lau­ten: „Ist denn kei­ner um­ge­kehrt, um mir (Je­sus) zu dan­ken?“ Schließ­lich hat Je­sus doch erst die Hei­lung er­mög­licht! Der Dank an Gott wird erst aus sei­ner blo­ßen Abs­trakt­heit be­freit, wo er zum kon­kre­ten Dank für je­ne Men­schen wird, die uns ein­fach gut ge­tan oder uns Heil ver­mit­telt ha­ben.
Die Bi­bel lehrt uns al­le sog. „Aus­er­wähl­ten“ heu­te, dass es vor al­lem die sog. „Frem­den“, die, die nicht da­zu­ge­hö­ren, sind, die uns in die­ser Dank­bar­keit Vor­bild sind. Und die Tex­te leh­ren uns heu­te auch noch, dass Gott ei­ne Schwä­che für „Aus­sät­zi­ge“ hat und nie­mals da­mit ein­ver­stan­den ist, wenn Men­schen da­zu ge­macht wer­den.
Der Fisch, der ge­gen den Strom schwimmt, ist grün. Er hat Le­ben in sich. Er ist ein Hoff­nungs­fisch. Und wer weiß, ob es nicht ge­ra­de die­se Fi­sche sind, die am En­de den gan­zen Schwarm mit Got­tes Hil­fe grün sein las­sen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)