3. Ad­vents­sonn­tag B (17.12.2023)

(Jes 61, 1 Thess 5, 16–24; Joh 1, 6–28)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
wie soll man sich ei­gent­lich nicht freu­en, wenn ei­nem so tol­le Sa­chen pas­sie­ren, wie sie der Pro­phet Je­sa­ja in der 1. Le­sung be­schreibt? Frei­lich ist das ei­ne wirk­lich fro­he Bot­schaft, wenn ge­bro­che­ne Her­zen ge­heilt und Ge­fan­ge­ne und Ge­fes­sel­te be­freit wer­den. Aber was ist, wenn Men­schen das so gar nicht emp­fin­den, wenn sie ihr Le­ben ge­ra­de ganz in Ord­nung fin­den oder sich be­mü­hen, die­sen Ein­druck zu er­we­cken? Brau­chen sie dann Gott nicht mehr? Wor­über freu­en sie sich dann?
Oft hat man Gott vor al­lem in der Not ge­braucht, bis hin zu dem furcht­ba­ren Satz, dass Not be­ten leh­re. Lehrt uns das Glück nicht be­ten? Wir fürch­ten uns nicht mehr vor frem­den Göt­tern, mit Him­mel und Höl­le braucht man uns auch nicht mehr dro­hen. Vie­le un­be­kann­te Phä­no­me­ne sind er­klärt, ob­wohl frei­lich noch vie­le, un­er­klär­ba­re Phä­no­me­ne blei­ben. Aber Gott brau­chen wir als Er­klä­rung nicht mehr. Was al­so soll uns heu­te am Gau­de­te-Sonn­tag plötz­lich freu­en? Dass der Chor singt? Dass nächs­te Wo­che schon Weih­nach­ten ist? Das al­ler­dings kann für vie­le wirk­lich ein Grund zur Freu­de sein, weil dann bald der gan­ze Ad­vents- und Weih­nachts­stress vor­bei ist. Jahr für Jahr wün­schen wir uns ei­nen be­sinn­li­chen Ad­vent und ei­ne eben­sol­che Weih­nachts­zeit. Doch in der Rea­li­tät sind wir weit da­von ent­fernt. Auch mo­ra­li­sche Apel­le hel­fen da nicht wei­ter.
Be­wun­derns­wert ist heu­te im Evan­ge­li­um Jo­han­nes der Täu­fer, der frei­mü­tig be­kennt, was er nicht ist, ob­wohl es doch ei­ne Eh­re wä­re, sich in ei­ne be­son­de­re Rol­le drän­gen zu las­sen. Viel­leicht liegt ge­nau hier ein Stück das Pro­blem ei­ner ge­wis­sen Freud­lo­sig­keit, weil wir oft nicht den Mut ha­ben, zu sa­gen, was wir nicht sind, was wir nicht wol­len und was wir zu Ad­vent und Weih­nach­ten nicht wirk­lich schaf­fen, zu le­ben. Aber müs­sen wir das über­haupt? Und plötz­lich ist un­ser Le­ben doch nicht mehr nur ein­fach ei­tel Son­nen­schein und die kraft­kos­ten­de De­vi­se „nul­lo pro­ble­mo“ löst sich in Luft auf.
Aber kommt nun Gott doch wie­der nur in un­se­rer Not an? Oh­ne Zwei­fel ist es heil­sam, zu­ge­ben zu kön­nen, dass das Le­ben manch­mal doch recht müh­sam ist, dass uns das Glau­ben nicht mehr so leicht von der Hand geht und wir Mü­he ha­ben, Gott in der All­täg­lich­keit zu ent­de­cken. Aber es tut doch am En­de wirk­lich gut zu wis­sen, dass Er trotz­dem zu uns kommt und bei uns ist, und zwar oh­ne Schimp­fen, oh­ne Ge­wis­sens­keu­le und oh­ne mo­ra­li­schen und re­li­giö­sem Druck.
Schließ­lich sind auch sei­ne Ge­sand­ten kei­ne re­li­giö­sen Pro­fis und toll Aus­ge­bil­de­te, son­dern Geis­ter­füll­te, al­so Frau­en und Män­ner, Kin­der und Ju­gend­li­che und Al­te, die je­man­den von Her­zen sich freu­en las­sen über ih­re Auf­merk­sam­keit, Wert­schät­zung und Lie­be, über ein lie­bes Wort, ei­nen Trost, ei­ne Um­ar­mung.
Viel­leicht ist es mir mal ge­lun­gen, zu sa­gen und zu le­ben, was ich nicht bin und nicht sein will und mich be­freit zu füh­len von all den Ge­fan­gen­schaf­ten und Fes­seln, die mir an­de­re auf­er­le­gen und oft ich sel­ber mir auch.
Hin­ter all‘ die­sen Wun­dern von Glück und Freu­de, von Ge­lin­gen und Dank­bar­keit ver­steckt sich die Nä­he des Herrn. Viel­leicht wer­den wir des­we­gen nicht gleich ju­beln wie die Fans ei­nes Künst­lers. Aber Gott wür­de sich heu­te auch freu­en und wür­de ju­beln über je­des Dan­ke für er­fah­re­nes Glück, und sei es noch so klein. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)