3. Fas­ten­sonn­tag B (03.03.2024)

(Ex 20, 1–3.7–8.12–17; 1 Kor 1, 22–25; Joh 2, 13–15)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
ei­gent­lich passt es nicht zu un­se­rem Je­sus­bild, dass Je­sus so ra­bi­at im Tem­pel ge­gen Ver­käu­fer und Geld­wechs­ler vor­geht. Er, der im­mer die Lie­be pre­dig­te und leb­te, macht sich ei­ne Gei­ßel aus Stri­cken und treibt sie al­le aus dem Tem­pel hin­aus. Je­der wür­de es ver­ste­hen, ei­nen sol­chen Men­schen durch die Po­li­zei ab­füh­ren zu las­sen, wenn er z.B. bei ei­ner Wall­fahrt in die­ser Wei­se auf­fäl­lig wer­den wür­de. Was aber bringt Je­sus so in Ra­ge? Und darf er das so über­haupt? Wir müss­ten ja solch emo­tio­na­le Aus­brü­che so­fort als Sün­de beich­ten und au­ßer­dem wür­de man ei­nen sol­chen Men­schen nicht wirk­lich ernst neh­men.
Vie­le ha­ben ja auch mit dem Zorn Got­tes ein Pro­blem, den es im Ers­ten wie im Zwei­ten Tes­ta­ment ja auch gibt.
Im Be­zug auf die Ethik hat der ka­tho­li­sche Theo­lo­ge und Psy­cho­the­ra­peut Eu­gen Dre­wer­mann den Satz ge­prägt: „Nicht die Hand­lung, die Hal­tung ent­schei­det!“ Die­sen Satz fin­de ich sehr schön und hilf­reich, auch im Be­zug auf Je­sus und Gott. Ich den­ke, wir dür­fen Je­sus wie Gott un­ter­stel­len, dass ih­re Her­zen wirk­lich vol­ler Lie­be und kei­ne Mör­der­gru­be sind. Wenn dem so ist, dann ist ihr Zorn nicht Aus­druck von Un­rei­fe, Ge­walt­tä­tig­keit und Des­po­tis­mus, son­dern ei­ne Kehr­sei­te ih­rer Lie­be. Denn was für ei­ne Lie­be soll das denn sein, die see­len­ru­hig zu­schaut, wo Lie­be per­ma­nent ver­letzt wird? Das wird na­tür­lich zur quä­len­den Got­tes­fra­ge über­all da, wo Gott in un­se­ren Au­gen eben doch nichts ge­gen das Un­recht un­ter­nimmt und schein­bar nur zu­guckt. Lei­der ist die­ses Pro­blem theo­re­tisch nicht lös­bar und bleibt als Sta­chel ir­gend­wie im Her­zen ste­cken.
Aber es än­dert erst ein­mal nichts an der An­nah­me, dass Lie­be manch­mal ent­schie­de­nes Ein­grei­fen ver­langt und er­for­dert. Got­tes Zorn ist al­so sein ent­schie­de­ner Ein­spruch sei­ner Lie­be ge­gen al­le Lie­belo­sig­keit, auch und vor al­lem, wenn es an­geb­lich im Na­men Got­tes ge­schieht.
Kei­ne an­de­re Mo­ti­va­ti­on treibt Je­sus im Tem­pel, der im üb­ri­gen für al­le of­fi­zi­el­le Re­li­gi­on steht, auch des Chris­ten­tums. Denn wie schnell ma­chen sich „Got­tes­ver­tre­ter“ sel­ber groß und stel­len sich zwi­schen Gott und die Men­schen und ma­chen aus der Re­li­gi­on ei­nen Han­del zwi­schen Gott und den Men­schen nach der De­vi­se: so ich dir, so du mir. Wie­viel von die­ser Hal­tung ei­nes Tausch­han­dels ist nicht in je­dem Her­zen, das für al­le Fröm­mig­keit und re­li­giö­se Leis­tung ei­nen Lohn er­war­tet. Die­se Tausch­han­del­men­ta­li­tät aber hat we­der was mit Lie­be zu Gott zu tun, noch mit je­ner Lie­be, die Gott so wich­tig im Mit­ein­an­der der Men­schen ist und so oft durch Leis­tungs­fröm­mig­keit um­gan­gen und er­setzt wird!
Das hat Je­sus ver­mut­lich schon vor­her auf die Pal­me ge­bracht und brach­te im Tem­pel das Fass zum Über­lau­fen. Da­mit rüt­tel­te er an Fun­da­men­ten of­fi­zi­el­ler Re­li­gi­on und an der Da­seins­be­rech­ti­gung von Pries­tern, die von der Tausch­han­del­men­ta­li­tät leb­ten und le­ben. Das war si­cher mit ein Haupt­grund sei­ner spä­te­ren Ver­ur­tei­lung.
Je­sus durch­kreuzt al­le Re­li­gi­ons­pra­xis, die nicht wirk­lich Gott meint und eben­so den Men­schen und sei­ne Lie­be nicht.
Je­sus war ein Tem­pel der Lie­be Got­tes. Mö­gen wir es auch im­mer wie­der und im­mer mehr sein. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)