(Ex 3, 1–15; 1 Kor, 10, 1–12; Lk 13, 1–9)
Liebe Schwestern und Brüder,
der „liebe Gott“ hat es mit uns Menschen wahrlich nicht leicht. Manchmal frage ich mich, warum er so verrückt ist, uns so bedingungslos zu lieben? Freilich nicht nur uns, sondern alle Geschöpfe, seine ganze Schöpfung.
Wenn es Krieg gibt oder uns andere Katastrophen belasten, fragen gleich viele, wieso das der liebe Gott zulassen kann. Als wäre Gott eine Versicherung für ein leidfreies Leben, als wäre er dann der Sündenbock, wo es doch konkrete Menschen sind, die oft unermessliches Leid verursachen. Als würde er nicht auch Tag für Tag wundervolle Momente schenken, die wir natürlich alle für selbstverständlich halten. Ich will jetzt keineswegs Gott verteidigen. Das kann er durchaus auch selber tun. Ich will auch nicht leugnen, dass mir viele Fragen auf der Seele lasten, auf die Gott mir keine einfache Antwort gibt. Aber ich mag es weder bei Gott, noch bei Menschen, wenn man gleich so sicher weiß, wer der Sündenbock ist.
Die Geschichte vom brennenden Dornbusch, die wir heute in der 1. Lesung aus dem Buch Exodus gehört haben, ist eine der bedeutendsten, die die Bibel enthält. Es geht nicht nur um die Berufung des Mose, sondern vor allem um eine tiefe Gottesoffenbarung und ‑erfahrung. Denn Gott offenbart sich hier nicht, um sich darüber zu beschweren, dass die Menschen nicht fromm genug sind, sondern weil er Unrecht und Ungerechtigkeit nicht mehr erträgt, wo Menschen sich scheinbar damit abgefunden haben. Und das gilt nicht nur im Hinblick auf politische, sondern auch im Hinblick auf kirchliche bzw. religiöse Verhältnisse.
Das erste, was wir also festhalten müssen, ist, dass Gott Krieg, Unrecht, Leid und Not keinesfalls egal ist, auch wenn er das offensichtlich nicht verhindern kann. Er will die Befreiung davon, soweit das auch in unseren Händen liegt und möglich ist. Gott will immer das Leben und nicht den Tod. Dafür nimmt er sogar selbst den Tod auf sich, wie wir in seinem Sohn Jesus von Nazareth erfahren haben.
Das zweite aber, das nicht weniger wichtig ist, ist sein Name „Jahwe“. Denn er deutet sein tiefstes Wesen. In der heutigen Lesung wird er mit „Ich-bin“ wiedergegeben. Aber es stecken in ihm auch die Bedeutungen drin: „machtvoll spürbar da sein“ oder „ich bin, der/die sich als wirkungsvoll erweist“. Als Kinder war uns auch einfach wichtig, dass die Eltern nachts und im Dunklen da waren. Das hat die Nacht nicht verscheucht, noch verkürzt. Aber die Zusage der Nähe, des Daseins, hat uns getröstet und unsere Ängste etwas befriedet. Genauso ist es im Bezug auf Gott. Er sagt seine Nähe zu, seinen Wunsch, positive Veränderung zu bewirken, auch in der Not nahe zu sein. Und er ist es! Ohne ihn und seine Zusage wird nichts besser.
Denken wir nicht zu eng, zu besserwisserisch von Gott und fesseln wir ihn nicht mit den Ketten unseres Nichtverstehens. Bemühen wir uns mit Gott darum, dass es in der Welt und um uns herum etwas friedlicher, gerechter und menschlicher zugeht. Dann werden wir vielleicht sehen und erfahren, wie wahr der Name Gottes ist. In Jesus von Nazareth hat er auch ein wundervolles Gesicht, Hand, Fuß und Herz bekommen. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)