3. Sonn­tag der Os­ter­zeit (1.5.2022)

(Apg 5, 27–32.40b-41; Offb 5, 11–14; Joh 21,1–19)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
man kann es ei­gent­lich nie ge­nug sa­gen und wie­der­ho­len, dass näm­lich die Bi­bel kein Buch ist, das ein­fach vom Him­mel ge­fal­len ist. Auch sa­ßen da nicht Leu­te am Schreib­tisch und ha­ben ein­fach auf­ge­schrie­ben, was ih­nen himm­li­sche Stim­men ins Ohr flüs­ter­ten. Frei­lich hat sich die Stim­me Got­tes mit dem Hauch des Hei­li­gen Geis­tes in die und zwi­schen die Zei­len ge­webt. Aber die Ver­fas­ser hat­ten auch ge­wis­se Ei­gen­in­ter­es­sen, die sie für ih­re Ge­mein­den bzw. ih­re Zu­hö­rer mit in die Glau­bens­ge­schich­ten ein­brach­ten. Sie ant­wor­te­ten da­mit schon auf Fra­gen, die die früh­christ­li­chen Ge­mein­den be­weg­ten.
Wir ma­chen uns manch­mal auch zu we­nig be­wusst, dass das Chris­ten­tum sei­nen An­fang im Ju­den­tum nahm und sich von die­sem in ei­nem län­ge­ren, schmerz­li­chen Pro­zess trenn­te. Das hat auch Spu­ren in den Schrif­ten des 2. Tes­ta­men­tes hin­ter­las­sen.
In der Apos­tel­ge­schich­te hö­ren wir heu­te von ei­nem Kon­flikt der Apos­tel mit der obers­ten, jü­di­schen Be­hör­de. Das war zu­nächst kein Kon­flikt zwi­schen Chris­ten und Ju­den, son­dern erst ein­mal ei­ner zwi­schen Ju­den und Ju­den. Wir müs­sen auch Ver­ständ­nis ha­ben für die obers­te, re­li­giö­se Be­hör­de. Denn die hat­ten in den Apos­teln ja kei­ne stu­dier­ten Bi­schö­fe vor sich, son­dern ein­fa­che, nicht­stu­dier­te Fi­scher. Wenn dann noch die­se Fi­scher be­haup­ten, dass man Gott mehr ge­hor­chen muss als den Men­schen (Apg 5, 29), dann möch­te ich mal die Re­ak­ti­on von heu­ti­gen, re­li­giö­sen Be­hör­den se­hen, wenn ih­nen das sog. „Lai­en“ sa­gen und dem­entspre­chend han­deln wür­den. Die Re­ak­tio­nen wä­ren si­cher so an­ders nicht wie in der Apos­tel­ge­schich­te, wenn auch ge­ra­de nicht mit Aus­peit­schung.
Ich hal­te es zwar für den Ge­sprächs­ver­lauf für nicht be­son­ders klug, wenn Pe­trus und die Apos­tel den Be­hör­den, was ja nicht falsch ist, den Mord an Je­sus un­ter die Na­se rei­ben. Aber ge­win­nen kön­nen sie die­se da­mit nicht. Rich­tig ist, dass Gott al­les schenkt, auch Um­kehr und Ver­ge­bung. Aber leicht hat es Gott da­mit nicht. Denn zu oft steigt man auch hier zwar mit ei­ge­ner Kraft auf der Kar­rie­re­lei­ter nach oben, aber eben auch weg von den Men­schen un­ten, wo sich auch Gott am Liebs­ten auf­hält.
Got­tes Neu­an­fän­ge be­gin­nen in der Re­gel nicht in re­li­giö­sen, obers­ten Be­hör­den, son­dern bei un­schein­ba­ren, ein­fa­chen Men­schen, die an­fan­gen, Gott mehr zu ge­hor­chen als den sich wich­tig füh­len­den Men­schen. Je­ne al­so, die auf ihr Herz hö­ren, auf die Stim­me des Hei­li­gen Geis­tes, wie eben bei Jo­sef und Ma­ria, wie bei den Fi­schern vom See Ge­ne­za­reth und ih­ren Fa­mi­li­en, wie bei der star­ken und selb­stän­di­gen Frau Ma­ria aus Mag­da­la.
Gott wird da­für sor­gen, dass es wie im Evan­ge­li­um nach der er­folg­lo­sen und frus­trie­ren­den Nacht ei­nen ös­ter­li­chen Mor­gen gibt, wo plötz­lich der Auf­er­stan­de­ne, na­tür­lich un­er­kannt, am Ufer des Le­bens steht. Er ist es, der un­ser Le­ben wie­der ös­ter­li­cher macht, weil uns sei­ne Lie­be zur Nah­rung wird und zum Brot, nach dem sich doch so vie­le Men­schen und Ge­schöp­fe seh­nen. Auch die­se ös­ter­li­che Er­fah­rung ist kein gro­ßer Knall, der gleich die gan­ze Welt ver­än­dert, aber in je­dem Fall in der, in der wir ge­ra­de le­ben. Das macht Sinn, im­mer. Das mö­ge je­dem Ein­zel­nen von uns Je­ner schen­ken, den man statt „Gott“ auch den „gro­ßen Schen­ker“ nen­nen könn­te. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)