(Jes 49, 8–11.13–16; 1 Petr 1, 17–21; Joh 21, 1–14)
Liebe Schwestern und Brüder,
das heutige Evangelium klingt etwas komisch, weil doch Auferweckung längst geschehen ist und die Jünger um Petrus so tun, als wäre die Auferweckung Jesu eine Nachricht unter vielen gewesen. Die Bibelwissenschaftler sagen uns, dass diese Ostergeschichte ein sog. „Nachtragskapitel“ ist, also dass sie nachträglich dem Johannesevangelium hinzugefügt wurde. Man muss schon sagen, dass die ersten Christengenerationen recht kreativ mit den Schriften umgegangen sind und die Schriften sogar weitergeschrieben haben.
Irgendwie erinnere ich mich, dass nach der Festlegung des Neuen Testamentes behauptet wurde, dass die Offenbarung damit abgeschlossen sei. Das ist kein guter Spruch, weil damit nämlich unterstellt wird, dass Gott sich nicht mehr je neu in alle Zeiten hinein offenbaren kann. Und ich glaube nicht, dass Gott sich von noch so schlauen Theologen vorschreiben lässt, wie, wo und wann er sich zu offenbaren hat. Fast scheint es so, als hätten die, die das Nachtragskapitel verfasst haben, es geahnt, dass man später solches behaupten wird.
Natürlich kann Gott kein größeres Liebeswort mehr sagen, als jenes, das „Jesus“ heißt. Aber er hört eben nicht auf, sich zu offenbaren, Einzelnen wie Gemeinschaften.
Diese Ostergeschichte heute also ist eine, die Alltag beschreibt. Die Jünger gehen ihrem Beruf nach. Diese Geschichte ist beinahe auch eine Berufungserinnerungsgeschichte, zumindest für Petrus, der im 5. Kapitel, Verse 1–11, des Lukasevangeliums auf ähnliche Weise mit Jakobus und Johannes berufen wird.
Ja, es ist manchmal Nacht und eine gewisse Erfolglosigkeit schlägt auf das Gemüt. Fast beschreibt es die Situation von Kirche in unseren Breitengraden, die, mit Strukturreformen beschäftigt, den Menschen keine Nahrung mehr anbieten kann für Seele und Herz. Ob sie bereit ist, das zuzugeben, ist fraglich. Aber es könnte der Beginn einer Ostergeschichte sein. Denn wir haben tatsächlich nichts zu geben, wenn wir nicht weitergeben, was wir selbst zuvor empfangen haben. Darauf kann man sich also nichts einbilden, höchstens dankbar sein.
Schon bei der Berufungsgeschichte des Petrus im Lukasevangelium ist das Geschenk des reichlichen Fischfangs ein unverdientes und unverhofftes Geschenk, das Petrus fast beschämend sein lässt, wenn er sagt: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein Sünder!“
Aber Gott gibt nicht reichlich seine Liebe, weil wir es verdient hätten, sondern weil er überschäumende Liebe ist.
Dass am Ufer dann schon ein Kohlenfeuer ist, darauf Fisch und Brot, das betont einmal mehr, wie sehr alle Nahrung für Seele und Leib ein Geschenk ist. Aber umsonst ist das eigene Mittun nicht! Darum kommt das hinzu, was selbst als Geschenk gefangen wurde.
Komisch, irgendwie spürt man in ähnlichen Situationen des Lebens, dass ER es ist. Aber es ist nicht zwingend, so wie Er nie jemanden zwingt.
So offenbart sich Jesus immer wieder im Leben eines jeden Menschen und in Gemeinschaft. Es wird uns demütiger machen, weil wir oft denken, wir könnten das alleine schaffen und es wäre einzig unser Werk, aber es eben doch nicht hinbekommen. Nein, es soll uns nicht demütigen, wie es Menschen manchmal im Umgang miteinander tun. So ist nicht Gott. Denn die Anrede, die Jesus in der Ostergeschichte verwendet, kann liebevoller nicht sein. Er sagt nämlich zu den Jüngern: „meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen?“ (V5)
Ja, vielleicht müssen wir diese Frage selbst am Ende unseres Lebens verneinen. Aber wir bleiben seine Kinder. Diese Erkenntnis ist eine Ostererfahrung, die ich jedem, auf welche Weise auch immer, von Herzen wünsche. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)