3. Sonn­tag im Jah­res­kreis A (22.01.2023)

(Jes 8, 23b‑9,3; 1 Kor 1,10–13.17; Mt 4, 12–23)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
Kar­fár­na­um war die Wahl­hei­mat von Je­sus. Sie liegt am west­li­chen Ufer des Sees Ge­ne­za­reth. Ga­li­läa galt zur Zeit Je­su als heid­ni­sches Ge­biet. Heu­te wür­de man viel­leicht von Dia­spo­ra spre­chen. Klar, auf der Stirn Je­su stand nicht: „Ich bin Je­sus, der Sohn Got­tes!“ Den­noch aber zog es ihn in die Dia­spo­ra, er, von dem sich nach­her her­aus­stell­te, dass er aus dem Her­zen Got­tes kam. Er ging al­so nicht da­hin, wo vie­le Gläu­bi­ge leb­ten und die re­li­giö­se Welt noch heil er­schien. Nein, er ging da­hin, wo die sog. „Gläu­bi­gen“ nur Gott­lo­sig­keit und Un­ter­gang ver­mu­te­ten, Fins­ter­nis eben. Men­schen, die ehr­lich zu glau­ben ver­su­chen, wis­sen na­tür­lich, dass Glau­ben dür­fen kei­ne Ei­gen­leis­tung ist. Sie wis­sen auch, dass er sie nicht vor Tor­hei­ten schützt und sie kei­nes­wegs da­zu be­rech­tigt, An­ders­gläu­bi­ge oder die als „Un­gläu­bi­ge“ Dif­fa­mier­ten ab­zu­wer­ten und ge­ring zu schät­zen. Seit Je­sus nach Kar­fár­na­um, in das heid­ni­sche Ga­li­läa, ging, geht das nicht mehr. Je­sus ging ver­mut­lich nicht da­hin, weil es die Men­schen da be­son­ders nö­tig hat­ten. Nein, es scheint, als hät­ten da ein­fach mehr Men­schen ein of­fe­nes Ohr und Herz als an­ders­wo. Sie spür­ten, dass da ir­gend­wie was fehlt, dass in ih­rem Le­ben und Su­chen viel­fäl­ti­ges Dun­kel war.
Dar­um wur­de ih­nen Je­sus zum Licht. Er kam nicht, um zu ur­tei­len und zu ver­ur­tei­len. Er kam auch nicht, um zu mis­sio­nie­ren. Er kam ein­fach, um den Men­schen zu sa­gen, dass Gott na­he ist. Er stell­te kei­ne Be­din­gun­gen da­für. Das Ein­zi­ge, was er er­bat, war, dass sie um­den­ken soll­ten. Sie soll­ten sich eben nicht mehr für „gott­los“ hal­ten und so be­zeich­nen las­sen. Sie soll­ten nicht mei­nen, vor Gott nichts wert zu sein und kei­ne Chan­ce zu ha­ben. Sie soll­ten ein­fach nur glau­ben: „Gott ist jetzt euch na­he“, nicht ir­gend­wann, nicht, wenn ge­nug ge­be­tet und mo­ra­lisch wie­der auf­ge­rüs­tet ist, nein, jetzt und so­fort!
Er, Je­sus, der theo­lo­gi­sche Laie, sprach so an­ders von Gott, dass sei­ne Wor­te und Ta­ten wie ein hel­les Licht in al­ler Dun­kel­heit des Her­zens und Le­bens war. Und er rief nicht Theo­lo­gen, nicht Pro­fi­re­li­giö­se, nicht ei­gens da­für Aus­ge­bil­de­te, in sei­ne Nach­fol­ge, son­dern Fi­scher, ge­bil­det durch die Rea­li­tät des Le­bens. Nach dem Evan­ge­lis­ten Mat­thä­us be­ruft er gleich zwei Brü­der­paa­re, um schon da­mit zu zei­gen, dass Brü­der­lich­keit bzw. Ge­schwis­ter­lich­keit fun­da­men­tal für die Nach­fol­ge sei­en, in die wir al­le ge­ru­fen sind.
Ein Men­schen­fi­scher ist kein Men­schen­fän­ger. Ein Men­schen­fi­scher fängt Men­schen auf, spannt Be­zie­hungs­net­ze, in die man sich ge­trost fal­len las­sen kann. Und al­le, die ihm nach­fol­gen, sol­len die Wor­te nach­spre­chen und ‑le­ben: „Das Him­mel­reich, al­so Gott, ist na­he!“ Sicht­bar und spür­bar wird das dort, wo Heil für See­le und Leib ge­schieht, wo Men­schen ge­mein­sam un­ter­wegs sind und nicht ge­gen­ein­an­der, wo al­le Men­schen in je­nem Licht ge­bor­gen und eins sein dür­fen, das Je­sus „Him­mel­reich“ nann­te, und zwar für hier und heu­te. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)