(Jer 31, 7–9; Hebr 5, 1–6; Mk 10, 46b-52)
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist schön und tröstlich zu lesen und zu erfahren, wie viele Menschen und Initiativen weltweit sich darum bemühen, das Gute zu tun. Es ist traurig zu lesen und zu erfahren, wenn manche die Welt immer nur schwarzmalen, nur schwarz/weiß denken können und sich oft so laut und krawallgebürstet melden, dass man meinen könnte, etwas anderes gäbe es gar nicht mehr. Die, die sich bemühen, das Gute zu tun, und das sind beileibe nicht nur Christen und Religiöse, tun es nicht laut, aber stetig und verändern Welt zum Guten. Natürlich können jetzt manche fragen, was denn das Gute sei und wer das Recht hat, dies verbindlich zu formulieren. Aber ich glaube mit vielen anderen, dass das den meisten Menschen ins Herz gegeben ist. Das Gute ist in jedem Fall immer das Menschliche. Für religiöse Menschen ist das immer auch das Göttliche. Es ist heutzutage gar nicht so leicht, nicht blind zu werden für die vielen, hoffnungsvollen und menschlichen Wirklichkeiten. Manchmal scheint es gar, als wüssten viele nicht einmal, dass sie blind oder blind geworden sind. Da war der blinde Bartimäus aus dem heutigen Evangelium schon weiter. Geheilt werden kann man ja nur, wenn man weiß, dass man es nötig hat. Bartimäus wollte wieder sehen, die ganze Wahrheit, die ganze Wirklichkeit und nicht nur eine verkürzte. Und wie viele gibt es dann, die das nicht wollen, die von der Blindheit vieler leben und Schweigen befehlen oder Gehorsam. Bartimäus aber lässt sich nicht mehr totschweigen angesichts der Chance, wieder sehend zu werden, den Durchblick zurückzubekommen.
Wieso fragt eigentlich Jesus: „Was willst du, dass ich dir tue?“ (Mk 10,51), wo er doch sieht, was für Bartimäus not-wendig wäre? Jesus will wohl wissen, ob Bartimäus wirklich sehen will. Denn am Ende hat Jesus „nur“ das Wunder vollbracht, einem Menschen die Kraft und das Heil des Vertrauens bestärkt zu haben, dass sehen möglich ist, Heil für Seele und Leib. Jesus auf seinem Weg nachzufolgen, heißt nicht zuerst, in die Kirche einzutreten, sondern dem Geist der Liebe und der Menschlichkeit zu folgen, der das Gute tut, wo und wie es nur möglich ist. Es ist und bleibt freilich gar nicht so leicht, sehenden Auges durch die Welt zu gehen, auch nicht in der Kirche zu bleiben. Aber Jesus fragt uns alle: „Was willst du, dass ich dir tue?“ Ich will nicht auf einem Auge blind sein und nur noch das Schwarze sehen. Ich will auch all‘ das sehen, wo andere Menschen trotz und in allem das Gute tun, aus welchen Gründen auch immer. Das tun Christen und Muslime in Nigeria und Senegal. Das tun Menschen weltweit und hier in unserer Straße. Es ist unser aller Mission, unsere Welt besser zu machen, als sie oft dargestellt wird und vermutlich auch manchmal ist. Dafür möge uns Gottes Geist geschenkt sein, hier, in Nigeria, im Senegal oder wo auch immer. Das verbindet uns mit allen Christen und allen Menschen guten Willens, hier wie weltweit. Das verbindet uns mit Gott, der selber das Gute tut, wo er nur kann. Denn er ist die Quelle des Guten, die in allen Geschöpfen und allem Sein sprudelt. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)