(Weish 6, 12–16; 1 Thess 4, 13–18; Mt 25, 1–13)
Liebe Schwestern und Brüder,
es wird die nächsten Sonntage bis in den Advent hinein wieder um Wachsamkeit gehen und um die endgültige Zukunft, die von Gott kommt. Daran zu erinnern, ist wirklich wichtig. Aber mir ist das manchmal ein bisschen zu viel des Guten.
Auch das Gleichnis von den törichten und klugen Jungfrauen gehört dazu, wobei man fragen könnte, warum es ausgerechnet Jungfrauen sein müssen. Es könnten ja auch gerne Jungmänner sein.
In einer guten Predigt von einer Theologin zu diesem Gleichnis habe ich einen Ansatz zum Verständnis gefunden, den ich so noch nicht gehört habe. Bis heute gibt es ja bei Hochzeiten manchmal Brautjungfern. Selten werden es gleich 10 sein, ich habe einmal zwei erlebt. In der Antike aber waren die Jungfrauen auch so etwas wie Fackelträgerinnen, die Spalier standen, wenn das Brautpaar in den Festsaal einzog. Es wäre darum für das Brautpaar und deren Familien eine Katastrophe gewesen, wenn alles dunkel geblieben wäre. Das erklärt auch das Nicht-teilen-können der klugen Jungfrauen. Denn da würde es wenigstens ein bisschen hell sein.
Eigentlich sind die törichten Jungfrauen auf diesem Hintergrund merkwürdig unvorbereitet und offenbaren scheinbar wenig Respekt vor den Belangen des Brautpaares. Die klugen Jungfrauen aber spiegeln in ihrer Vorsorge echte Beziehung, Verbundenheit, Wertschätzung und Achtung dem Brautpaar gegenüber wider. Darauf kommt es nämlich an. Es geht um eine tiefe, innere Beziehung und Verbundenheit auch Gott gegenüber, meint Jesus. Denn darin kommt auch zum Ausdruck, dass man es mit Gott wirklich ernst meint. Wenn der Bräutigam am Ende zu den törichten Jungfrauen sagt: „Ich kenne euch nicht!“, dann hebt er ins Wort, was faktisch ist: es gibt keine innere Beziehung.
Vielleicht denken wir, dass die klugen Jungfrauen zwar klug, aber nicht sehr liebevoll und solidarisch sind, weil sie ihr Öl nicht geteilt haben. Aber wie wir schon sagten, wäre es dann für das Brautpaar dunkel geblieben. Und außerdem muss doch jeder sein Leben ein Stück weit selbst verantworten und kann nicht erwarten, dass das andere für ihn tun.
Es ist eben Weisheit, sich selbst immer wieder zu fragen, wofür und woraus man lebt, damit man nicht nur gelebt wird und sich selbst verliert.
Wer innerlich ausgebrannt ist, kann anderen nichts mehr geben. Jeder muss für sich selber schaun, wie er sein innerstes Lebenslicht am Brennen hält.
Vielleicht ist der Blick auf das Ende manchmal weise, um zu spüren, wie kostbar das Leben jetzt ist. Für gläubige Menschen geht es auch um ein ewiges Leben, das sie erhoffen. Aber es hat eben auch damit zu tun, wie weise wir jetzt leben.
Dazu schenke uns Gott die Kraft und Weisheit Seines Geistes, damit das Öl unseres Vertrauens und unserer Liebe bis in die Ewigkeit reicht. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)