(Ex 2, 31–3,14; 2 Thess 2, 16–3,5; Lk 20, 27–38)
Liebe Schwestern und Brüder,
ich habe wirklich nichts dagegen, wenn man im November und zum Ende des Kirchenjahres biblische Texte für das Lektionar heraussucht, die irgendetwas mit der Hoffnung auf ewiges Leben zu tun haben. Aber 1. Lesung und Evangelium heute sind wirklich nicht die beste Wahl. Wenn schon Jesus im Evangelium auf die Geschichte vom brennenden Dornbusch verweist, dann macht es durchaus Sinn, sie auch als 1. Lesung zu nehmen und nicht das Martyrium der 7 Brüder aus dem Buch der Makkabäer. Die konstruierte Geschichte der Sadduzäer im Evangelium hat mit unserer Lebenswelt heute rein gar nix zu tun und die Antwort Jesu lässt eigentlich auch zu wünschen übrig. Man kann sich sicherlich viele, schöne Gedanken über das ewige Leben machen, aber über fromme Spekulationen und Sehnsüchte kommt man da kaum hinaus.
Selbst die Frage nach Gott beschäftigt in unseren Breitengraden immer weniger Menschen, obwohl die Beantwortung dieser Frage doch ganz erheblichen Einfluss auf jene Frage hat, ob es ein ewiges Leben gibt oder nicht. Jeder muss für sich selbst klären, welchem Gottesbild er dabei anhängen will. Als Christ haben wir ein normatives Gottesbild, das Jesus von Nazareth heißt. Sein Leben und seine Botschaft werfen Licht auf das Geheimnis Gottes.
Es gibt heute einen Satz aus der 2. Lesung des hl. Paulus an die Gemeinde in Thessalonich, die wie eine Boje im weiten Meer von Ungewissheiten ist, an die sich das Herz klammern kann: „Der Herr richte eure Herzen auf die Liebe Gottes aus und auf die Geduld Christi“ (2 Thess 3,5). Von alleine schaffen wir das nicht, „der Herr“ muss uns also dazu verhelfen. Aber wer oder was könnte uns ein ewiges Leben verheißen, wenn nicht die Liebe Gottes? Sie klärt nicht gleich alle unsere Fragen, wir brauchen tatsächlich in Vielem die „Geduld Christi“, die den Mut hat, an der Liebe Gottes festzuhalten, wo ihr doch so Vieles im realen Leben zu widersprechen scheint bzw. widerspricht. Aber eine Alternative dazu haben wir nicht, und ohne Gott lösen sich die Fragen auch nicht gleich in Nichts auf. Gerade heute in Kirche und Welt kann man nur darum bitten und beten, dass „der Herr“ unsere Herzen auf die Liebe Gottes ausrichtet, damit sie uns Kraft, Zuversicht, Geborgenheit und die „Geduld Christi“ gibt für unser Glauben, Hoffen und Lieben, im Himmel, wie auf Erden. Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)