32. Sonn­tag im Jah­res­kreis C (06.11.2022)

(Ex 2, 31–3,14; 2 Thess 2, 16–3,5; Lk 20, 27–38)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
ich ha­be wirk­lich nichts da­ge­gen, wenn man im No­vem­ber und zum En­de des Kir­chen­jah­res bi­bli­sche Tex­te für das Lek­tio­nar her­aus­sucht, die ir­gend­et­was mit der Hoff­nung auf ewi­ges Le­ben zu tun ha­ben. Aber 1. Le­sung und Evan­ge­li­um heu­te sind wirk­lich nicht die bes­te Wahl. Wenn schon Je­sus im Evan­ge­li­um auf die Ge­schich­te vom bren­nen­den Dorn­busch ver­weist, dann macht es durch­aus Sinn, sie auch als 1. Le­sung zu neh­men und nicht das Mar­ty­ri­um der 7 Brü­der aus dem Buch der Mak­ka­bä­er. Die kon­stru­ier­te Ge­schich­te der Sad­du­zä­er im Evan­ge­li­um hat mit un­se­rer Le­bens­welt heu­te rein gar nix zu tun und die Ant­wort Je­su lässt ei­gent­lich auch zu wün­schen üb­rig. Man kann sich si­cher­lich vie­le, schö­ne Ge­dan­ken über das ewi­ge Le­ben ma­chen, aber über from­me Spe­ku­la­tio­nen und Sehn­süch­te kommt man da kaum hin­aus.
Selbst die Fra­ge nach Gott be­schäf­tigt in un­se­ren Brei­ten­gra­den im­mer we­ni­ger Men­schen, ob­wohl die Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge doch ganz er­heb­li­chen Ein­fluss auf je­ne Fra­ge hat, ob es ein ewi­ges Le­ben gibt oder nicht. Je­der muss für sich selbst klä­ren, wel­chem Got­tes­bild er da­bei an­hän­gen will. Als Christ ha­ben wir ein nor­ma­ti­ves Got­tes­bild, das Je­sus von Na­za­reth heißt. Sein Le­ben und sei­ne Bot­schaft wer­fen Licht auf das Ge­heim­nis Got­tes.
Es gibt heu­te ei­nen Satz aus der 2. Le­sung des hl. Pau­lus an die Ge­mein­de in Thes­sa­lo­nich, die wie ei­ne Bo­je im wei­ten Meer von Un­ge­wiss­hei­ten ist, an die sich das Herz klam­mern kann: „Der Herr rich­te eu­re Her­zen auf die Lie­be Got­tes aus und auf die Ge­duld Chris­ti“ (2 Thess 3,5). Von al­lei­ne schaf­fen wir das nicht, „der Herr“ muss uns al­so da­zu ver­hel­fen. Aber wer oder was könn­te uns ein ewi­ges Le­ben ver­hei­ßen, wenn nicht die Lie­be Got­tes? Sie klärt nicht gleich al­le un­se­re Fra­gen, wir brau­chen tat­säch­lich in Vie­lem die „Ge­duld Chris­ti“, die den Mut hat, an der Lie­be Got­tes fest­zu­hal­ten, wo ihr doch so Vie­les im rea­len Le­ben zu wi­der­spre­chen scheint bzw. wi­der­spricht. Aber ei­ne Al­ter­na­ti­ve da­zu ha­ben wir nicht, und oh­ne Gott lö­sen sich die Fra­gen auch nicht gleich in Nichts auf. Ge­ra­de heu­te in Kir­che und Welt kann man nur dar­um bit­ten und be­ten, dass „der Herr“ un­se­re Her­zen auf die Lie­be Got­tes aus­rich­tet, da­mit sie uns Kraft, Zu­ver­sicht, Ge­bor­gen­heit und die „Ge­duld Chris­ti“ gibt für un­ser Glau­ben, Hof­fen und Lie­ben, im Him­mel, wie auf Er­den. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)