33. Sonn­tag im Jah­res­kreis A (19.11.2023)

(Spr 31, 10–31; 1 Thess 5, 1–6; Mt 25, 14–30)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
manch­mal muss man eher auf das hö­ren und ach­ten, was nicht ge­sagt oder auch weg­ge­las­sen wird. Dies trifft heu­te be­son­ders auf un­se­re 1. Le­sung zu aus dem Buch der Sprich­wör­ter. Da geht es näm­lich um die „tüch­ti­ge Frau“, die im Lek­tio­nar so zu­sam­men­ge­kürzt wird, dass sie ein ziem­lich über­hol­tes Bild von der Rol­le der Frau be­dient. Wir ha­ben dar­um heu­te den un­ge­kürz­ten Text ge­hört, und zwar die Ver­se 10–31 aus dem 31. Ka­pi­tel. Es lohnt sich, die­se noch ein­mal in Ru­he nach­zu­le­sen. Denn das ist schon ziem­lich re­vo­lu­tio­när, was da ge­schrie­ben ist, ge­ra­de auch für an­ti­ke Ver­hält­nis­se. Wenn man Men­schen so auf be­stimm­te Rol­len fi­xiert und re­du­ziert, in un­se­rem Fall eben die „tüch­ti­ge Frau“, dann folgt man si­cher nicht dem Geis­te Got­tes, son­dern of­fen­bart ei­ne ge­wis­se En­ge des ei­ge­nen Geis­tes, die man ge­ra­de­zu arm­se­lig und un­bi­blisch nen­nen kann. Das muss sich lei­der im­mer wie­der auch die Kir­che sel­ber sa­gen las­sen, die froh sein kann, dass sie so vie­le „tüch­ti­ge Frau­en“ in der Dia­spo­ra oder wo auch im­mer hat. Oh­ne sie wä­re die Kir­che arm dran. „Ent­de­cke, wer dich stärkt!“, al­so das Leit­wort des heu­ti­gen Dia­spo­ra-Sonn­ta­ges, kann eben nicht nur Je­sus mei­nen, son­dern eben all‘ je­ne, für de­ren En­ga­ge­ment man nur dank­bar sein kann. Man möch­te manch­mal auch man­chem Bi­schof ins Stamm­buch schrei­ben: „Ent­de­cke, wer dich stärkt!“ Viel­leicht wer­den dann auch Frau­en nicht mehr nur auf ein paar be­stimm­te Ver­se der „tüch­ti­gen Frau“ re­du­ziert.
Tüch­tig im Evan­ge­li­um sind auch zwei Die­ner, die ih­re Ta­len­te ver­meh­ren. Oh­ne Zwei­fel hat der, der das ei­ne Ta­lent er­hal­ten hat, Angst vor des­sen Ver­lust und nutz­te es nicht, um es viel­leicht zu ver­meh­ren. Aber das hat der Mann, der auf Rei­sen ging, ja auch nicht aus­drück­lich ver­langt. Ehr­lich ge­sagt, fin­de ich die Här­te des Herrn ge­gen­über dem Die­ner mit dem ei­nen Ta­lent zu hart. Da sind mir deut­sche Ge­rich­te lie­ber, die nicht nur ei­ne Tat, son­dern auch de­ren Um­stän­de be­trach­ten wol­len. Rein äu­ßer­lich scheint das manch­mal är­ger­lich und ir­gend­wie un­ge­recht. Aber ich fin­de es grund­sätz­lich rich­tig, Men­schen im Zu­sam­men­hang zu be­trach­ten, oh­ne des­we­gen Schuld zu re­la­ti­vie­ren.
Aber wie ge­hen wir nun mit dem Gleich­nis Je­su um und dem stren­gen Ur­teil des Herrn? Die­ses Gleich­nis ist ja ein­ge­bet­tet in das The­ma „Wach­sam­keit“. Und ir­gend­wie läuft schein­bar al­les auf die Fra­ge hin­aus, in was wir für ei­ner Be­zie­hung wir mit Gott le­ben. Das war ja schon letz­ten Sonn­tag die Fra­ge.
Ist es ei­ne Be­zie­hung des Ver­trau­ens, die auch zum all­täg­li­chen Ri­si­ko der Lie­be führt? Oder ist es ei­ne Be­zie­hung der Angst, die das Ri­si­ko scheut und nur Ka­te­chis­mus­wahr­hei­ten ver­wal­tet? Das En­de des Gleich­nis­ses und das Schick­sal des Die­ners mit dem ei­nen Ta­lent för­dert nicht ge­ra­de mein Ver­trau­en. Aber manch­mal liegt eben in der Über­rei­bung die An­schau­ung. Nicht das En­de der Ge­schich­te ist ent­schei­dend, son­dern die Bot­schaft der Er­mu­ti­gung, Ver­trau­en und Lie­be zu wa­gen.
„Ent­de­cke, wer dich stärkt!“ heißt das The­ma des heu­ti­gen Dia­spo­ra-Sonn­ta­ges. Mö­ge uns Ver­trau­en stär­ken und sei­en wir dank­bar für al­le, die uns dar­in un­ter­stüt­zen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)