33. Sonn­tag im Jah­res­kreis C (13.11.2022)

(Mal 3, 19–20b; 2 Thess 3, 7–12; Lk 21, 5–19)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
es ist schon manch­mal er­schre­ckend, wie von vie­len Sei­ten Ängs­te ge­schürt und ver­stärkt wer­den. Frei­lich sind vie­le Sor­gen be­rech­tigt: pri­vat, ge­sell­schaft­lich, kirch­lich, welt­po­li­tisch, das Kli­ma und die Ar­ten be­tref­fend. Den­noch aber soll­ten wir im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes nicht „den Kopf ver­lie­ren“. Ja, wir le­ben in un­ru­hi­gen und be­weg­ten Zei­ten mit vie­len un­ru­hi­gen Geis­tern. Nur ha­ben doch die Men­schen al­ler Zei­ten ih­re Nö­te und Sor­gen ge­habt, die si­cher nicht we­ni­ger be­drü­ckend wa­ren als die uns­ri­gen heu­te. Pau­lus und Je­sus wol­len uns viel­leicht heu­te ei­ne wich­ti­ge Hal­tung ans Herz le­gen, die ge­gen al­le bei­na­he pa­tho­lo­gi­sche Hys­te­rie not­wen­dig ist, näm­lich ei­ne ge­wis­se Nüch­tern­heit. Da­mit ist nicht die Ab­we­sen­heit von Al­ko­hol oder Dro­gen ge­meint, son­dern ei­ne Hal­tung, die we­der den Kopf, noch den Ver­stand ver­liert. Denn da, wo nur Angst ge­schürt wird, ver­zerrt sie die kom­ple­xe Wirk­lich­keit und führt zu ir­ra­tio­na­len Über­re­ak­tio­nen. Ei­gent­lich soll­ten Men­schen, die zu glau­ben ver­su­chen, et­was im­mu­ni­sier­ter ge­gen Hys­te­rie und Ma­ni­pu­la­tio­nen al­ler Art sein. Denn ihr Halt und ih­re in­ne­re Frei­heit soll­ten sie im Glau­ben dar­an fin­den, dass da je­mand ist, des­sen be­din­gungs­lo­se Lie­be sie trägt, sie be­glei­tet durch und in al­len Stür­men des Le­bens. So wert­voll die­ses ir­di­sche Le­ben auch ist, es ist nicht al­les. Wir er­war­ten schon ei­nen „neu­en Him­mel und ei­ne neue Er­de“, die uns Gott schen­ken will. Wir müs­sen nicht al­les von die­ser Er­de er­war­ten, nicht von uns selbst, nicht von an­de­ren, schon gar nicht von selbst­er­nann­ten Ret­tern, die uns end­gül­ti­ges Heil auf Er­den ver­spre­chen. Und na­tür­lich ist auch der Glau­be an Gott kei­ne Ver­si­che­rung da­für, dass ich vor al­ler Not be­wahrt wer­de, viel­leicht ja in al­ler Not. Wie­viel Ent­täu­schung manch­mal auch bei de­nen, die aus ih­rem Glau­ben ei­nen Han­del ge­macht ha­ben, die für ihr from­mes und gott­ge­fäl­li­ges Le­ben von Gott er­war­ten, dass es ih­nen bes­ser geht als den in ih­ren Au­gen nicht so From­men.
In mei­nen Au­gen ist es auch nicht so tröst­lich, am En­de „die Über­heb­li­chen und Frev­ler“ ver­nich­tet zu se­hen, wie wir es aus dem Buch Ma­leá­chi heu­te ge­hört ha­ben. Frei­lich er­seh­ne ich auch ei­ne Zu­kunft, in der Men­schen nicht mehr an­de­re Men­schen un­ter­drü­cken, be­dro­hen, be­krie­gen, ja tö­ten. Aber ich kann mich nicht an de­ren Be­stra­fung auf­rich­ten. Das ist kein Glau­be und schlimms­ten­falls in der Hal­tung auch nicht viel bes­ser als das, was man den Bö­sen so vor­wirft. Un­ser Ver­trau­en zu Gott soll­te auch kei­ne Be­din­gun­gen ken­nen, so wie wir es ja auch von sei­ner Lie­be er­hof­fen.
Mö­ge Gott uns ei­nen Glau­ben schen­ken, der uns Halt und Kraft gibt für un­ser all­täg­li­ches Le­ben, in Freud, wie in Leid. Mö­ge die­ser Glau­be uns hel­fen, auch im Blick auf die Zu­kunft, we­der den Ver­stand, noch den Kopf zu ver­lie­ren. Mö­ge die­ser Glau­be uns aber vor al­lem da­vor be­wah­ren, an­ge­sichts von Angst, Hass und Ge­walt un­ser Herz zu ver­lie­ren. Denn nur das Herz und die Lie­be dar­in wer­den uns den­ken, füh­len und han­deln las­sen, wie Gott es sich für uns, un­se­re Mit­men­schen und Mit­ge­schöp­fe er­sehnt. Dar­an lasst uns in Got­tes Na­men und in al­ler Nüch­tern­heit und Ge­las­sen­heit mit­ar­bei­ten, wo im­mer wir ge­ra­de sind. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)