4. Sonn­tag im Jah­res­kreis C (30.01.2022)

(Jer 1, 5–9.17–19; 1Kor, 12, 31–13,13; Lk 4, 21–30)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
zu Be­ginn die­ser Eu­cha­ris­tie­fei­er ha­be ich auf das The­ma des heu­ti­gen „Welt-Le­pra-Ta­ges“ hin­ge­wie­sen, das da lau­tet: „Mut­ma­che­rin­nen, Frau­en in Pa­ki­stan“. Es ist toll, was Frau­en in Pa­ki­stan im Kampf ge­gen Le­pra und Tu­ber­ku­lo­se leis­ten, aber auch, wie sie an­de­re Frau­en er­mu­ti­gen, ein selbst­be­wuss­tes, ei­gen­stän­di­ges Le­ben füh­ren zu kön­nen. Das ist Lie­be kon­kret, die erst al­le Re­li­gi­on, al­le Fröm­mig­keit, al­len Glau­ben gott­ge­mäß sein lässt. Oh­ne die Lie­be ist al­les nichts, sagt uns heu­te der hl. Pau­lus in der 2. Le­sung. Wie oft wird die­ser Text, der auch das „Ho­he­lied der Lie­be“ ge­nannt wird, bei Hoch­zei­ten ge­le­sen. Dass oh­ne Lie­be al­les an­de­re kei­nen Wert hat, da ge­hen zu­min­dest theo­re­tisch noch vie­le mit. Und doch ist sie in der All­täg­lich­keit des Le­bens an­spruchs­vol­ler und gott­vol­ler als je­de noch so groß­ar­ti­ge, in die Au­gen fal­len­de, re­li­giö­se Leis­tung. Das woll­te Je­sus in der Syn­ago­ge von Na­za­ret im Evan­ge­li­um auch deut­lich ma­chen, als er die Wit­we von Sa­rep­ta und den Sy­rer Naa­man als Vor­bil­der hin­stell­te und den selbst­ge­fäl­li­gen Zu­hö­rern in der Syn­ago­ge von Na­za­ret nicht er­laub­te, sich et­was auf ih­re blo­ße Leis­tungs­fröm­mig­keit und dem Ge­fühl der Aus­er­wählt­heit ein­zu­bil­den. Je­sus war Er­mu­ti­ger für die, die al­len Mut ver­lo­ren hat­ten, zu­mal durch je­ne, die sich im­mer wie­der für et­was Bes­se­res als an­de­re hal­ten. Aber manch­mal muss man auch ent-täu­schen, um auf Fehl­ent­wick­lun­gen hin­zu­wei­sen und wie­der die Hal­tung der Lie­be zum Maß­stab ge­mein­sa­men Christ­seins zu ma­chen und nicht ei­ne abs­trak­te Kir­che, nicht ein frag­wür­di­ges und über­hol­tes Amts­ver­ständ­nis, nicht sog. „ewi­ge Wahr­hei­ten“, es sei denn die ewi­ge Wahr­heit, dass Gott die Lie­be ist und dass die Lie­be dar­um das wich­tigs­te Zei­chen von Got­tes­nä­he und Gott­ver­bun­den­heit ist. Sol­che Pro­phe­ten, die nicht nur nach dem all­ge­mei­nen Mun­de re­den, son­dern auch mal Klar­text aus Lie­be spre­chen, auch sie brau­chen dann sel­ber Mut­ma­cher, was manch­mal nur noch der lie­be Gott sel­ber ist. Gott be­ruft im­mer wie­der Frau­en und Män­ner, die sich eher mit Hän­den und Fü­ßen da­ge­gen weh­ren, weil sie wis­sen, was das Aus­spre­chen un­an­ge­neh­mer Wahr­hei­ten be­deu­tet. Auf der an­de­ren Sei­te aber sind sie ge­nau Mut­ma­cher und Mut­ma­che­rin­nen für je­ne, die spü­ren, wie sehr es auf die all­täg­lich ge­leb­te Lie­be an­kommt. Wir al­le brau­chen die­se Ge­wiss­heit ei­nes letz­ten An­ge­nom­men­seins, wir al­le brau­chen das Fun­da­ment ei­ner wohl­wol­len­den Grund­an­nah­me. Das hat Je­sus bis zur letz­ten Kon­se­quenz ge­lebt und ver­kün­det. Nie­mand muss wie er gleich des­we­gen ge­kreu­zigt wer­den. Aber wer sich im­mer wie­der neu für die Lie­be ent­schei­det, der wird sich manch­mal auch wie ge­kreu­zigt füh­len. Das „Ho­he­lied der Lie­be“ des hl. Pau­lus ist wohl vor al­lem ein Lied auf die Lie­be Got­tes, die das Fun­da­ment un­se­res Le­bens sein soll. Sie soll uns er­mu­ti­gen, mit je­ner Kraft der Lie­be zu Mut­ma­chern und Mut­ma­che­rin­nen des Le­bens und der Lie­be zu wer­den, wie es uns mög­lich und von Gott her ge­schenkt ist.
Dan­ken wir Gott für sei­ne Lie­be. Dan­ken wir all je­nen, die uns mit ih­rer Lie­be Got­tes Lie­be zu Er­fah­rung wer­den las­sen. Und dan­ken wir für die Lie­be, die wir sel­ber wei­ter­schen­ken dür­fen. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)