5. Fas­ten­sonn­tag A — Misereor-Sonntag(26.03.2023)

(Ez 37, 12b-14; Röm 8, 8–11; Joh 11, 1–45)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
nicht von vie­len wird im Neu­en Tes­ta­ment vom ir­di­schen Je­sus ge­sagt, dass er sie lieb­te. In Vers 5 hieß es heu­te im Jo­han­nes­evan­ge­li­um: „Je­sus lieb­te aber Mar­ta, ih­re Schwes­ter und La­za­rus.“ Je­sus pfleg­te of­fen­sicht­lich Freund­schaf­ten, die et­was Be­son­de­res und ihm selbst auch wich­tig wa­ren. Je­sus hat nie nur abs­trakt die gan­ze Mensch­heit ge­liebt und am En­de kei­nen. Sei­ne Lie­be und Zu­wen­dung galt im­mer kon­kre­ten Men­schen. Und da­mit woll­te er deut­lich ma­chen, dass Gott ge­nau so liebt. Frei­lich gibt es ge­nü­gend Din­ge im Le­ben, die das ge­hö­rig in Fra­ge stel­len und uns an Got­tes Lie­be zwei­feln las­sen.
Die Is­rae­li­ten in der Le­sung aus dem Buch Eze­chi­el ver­lie­ren im Exil al­le ih­re Hoff­nung auf Heim­kehr in ih­re Hei­mat. Man kommt sich vor, wie le­ben­dig be­gra­ben.
Im Evan­ge­li­um ist La­za­rus tot und be­gra­ben. Und al­le, die an Grä­bern ste­hen, ken­nen Trau­er und Schmerz. Auch der Glau­be be­freit uns nicht da­von, der Auf­er­ste­hungs­glau­be ge­nau­so we­nig.
Es dürf­te klar sein, dass die La­za­rus­ge­schich­te ei­ne vor­ver­leg­te Os­ter­ge­schich­te ist. Es geht nicht um den Be­weis, dass Je­sus der Sohn Got­tes ist und so et­was kann. Es geht um die Er­mu­ti­gung, die­sem Je­sus, sei­ner Bot­schaft und vor al­lem sei­nen Ta­ten zu glau­ben. Nicht erst nach dem Tod ruft er uns zu: „Komm her­aus!“ Nein, schon jetzt ruft er uns zu: „Komm her­aus!“ Komm her­aus aus al­lem, was dich nicht ver­trau­en, hof­fen und lie­ben lässt. Komm her­aus aus dem Grab dei­ner Hoff­nungs­lo­sig­kei­ten und zer­bro­che­ner Träu­me. Komm her­aus aus dem Grab der Ne­ga­tio­nen, wo al­les nur noch schlecht ist und zum Him­mel stinkt. Komm her­aus aus Läh­mungs­sät­zen wie: ich kann ja doch nichts ma­chen. Komm her­aus aus dem Sarg des Fa­ta­lis­mus, der ewig dar­auf war­tet, dass „die da oben“ end­lich was ma­chen.
Oh­ne Zwei­fel, es gibt Zei­ten, die wirk­lich schwer sind, es gibt Zei­ten, wo das Glau­ben, Hof­fen und Lie­ben fast un­mög­lich schei­nen. Aber im­mer gibt es ei­nen, der trotz­dem ruft: komm her­aus! Auch, wenn es kaum vor­stell­bar ist, aber Je­sus liebt in Got­tes Na­men auch uns ganz und gar per­sön­lich. Er will un­ser Le­ben vor und nach dem Tod. Es ist die ewi­ge Lie­be Got­tes, nicht un­se­re Vor­stel­lungs­kraft, die uns Le­ben schenkt, am An­fang, jetzt und in Ewig­keit.
Die­se Bot­schaft des Le­bens steckt in je­der Lie­be und wird in ihr er­fahr­bar.
„Manch­mal fei­ern wir mit­ten im Tag ein Fest der Auf­er­ste­hung“ (Got­tes­lob Nr. 472) ha­ben wir zu An­fang un­se­rer Eu­cha­ris­tie­fei­er ge­sun­gen. Lasst uns al­so mit Got­tes Hil­fe ein­an­der je­nes Wort zu­ru­fen, das uns im­mer wie­der aus un­se­ren Grä­bern ruft: komm her­aus! Das ver­än­dert nicht gleich die gan­ze Welt. Aber es ist ein Licht der Lie­be, das mit vie­len an­de­ren Lich­tern, die Welt et­was hel­ler und hoff­nungs­vol­ler macht, über den Tod hin­aus. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)