5. Sonn­tag der Os­ter­zeit A (07.05.2023)

(Jes 32, 15–19; Offb 21, 1–5; Joh 14, 1–12)

Lie­be Schwes­tern und Brü­der,
ei­ne Woh­nung zu ha­ben, be­deu­tet so viel wie ein Zu­hau­se zu ha­ben, ei­nen Ort des Rück­zugs, des Schut­zes, der Ge­bor­gen­heit. Ei­ne frem­de Woh­nung be­tre­ten zu dür­fen, ist ein Akt gro­ßen Ver­trau­ens, denn in ihr ist viel In­ti­mi­tät ver­bor­gen.
Das al­les zu ver­lie­ren, ist ei­ne Ka­ta­stro­phe, ist ei­ne Ent­wur­ze­lung, stürzt in Hei­mat­lo­sig­keit, wie es Ver­trie­be­ne und Flücht­lin­ge wohl am bes­ten nach­emp­fin­den kön­nen.
Aber Woh­nung ist noch mehr, als vier Wän­de zu ha­ben. Man soll­te auch in sich zu Hau­se sein, mög­lichst ein Zu­hau­se im Her­zen an­de­rer ha­ben und für an­de­re selbst ein Zu­hau­se sein. Vie­le Men­schen sind un­be­haust und hei­mat­los, selbst wenn der Wohn­raum im­mer grö­ßer wird, wie ich un­längst in ei­ner Nach­richt er­fah­ren ha­be.
Ein gro­ßes The­ma der heu­ti­gen, bi­bli­schen Tex­te ist es, ei­ne Woh­nung zu ha­ben, ein Zu­hau­se. Von vorn­her­ein ist das viel­deu­tig ge­meint. Ob man nun re­li­gi­ös ist oder nicht, die­se Sehn­sucht nach Zu­hau­se sein ist ein tie­fes, mensch­li­ches Be­dürf­nis. Es er­füllt sich nicht, wenn man tol­le, abs­trak­te Ge­dan­ken da­zu hat. Es er­füllt sich auch nicht au­to­ma­tisch, was im­mer man für ei­nen Gott denkt oder fühlt. Fast im­mer be­rührt es mich in mensch­li­chen, lie­be­vol­len Be­zie­hun­gen. Aber es er­schöpft sich nicht dar­in. Im­mer bleibt ein un­er­füll­ter Rest, des­sen Deu­tung vie­le Er­klä­run­gen zu­las­sen. Es muss nicht drin­gend die Deu­tung „Gott“ sein, sie kann es aber sein. Wer die rest­li­che Leer­stel­le Sehn­sucht aus­hält und ste­hen las­sen kann, kann ein gro­ßes Stück Hei­mat fin­den, oh­ne die voll­ende­te von un­voll­ende­ten Men­schen und Din­gen zu er­war­ten.
Die bi­bli­schen Tex­te er­mu­ti­gen uns heu­te, dar­an zu glau­ben, dass es die Ver­hei­ßung von Zu­hau­se gibt, die im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes himm­lisch ist. Ja, un­se­re Her­zen sind oft ver­wirrt von der Schnell­le­big­keit un­se­rer Zeit, von den Dik­ta­tu­ren des „Muss“ und vie­ler Zwän­ge, sind ver­wirrt von den Kri­sen und Krie­gen, die uns auch zu na­he auf die Pel­le rü­cken, ver­wirrt von den Sor­gen, die wir uns um un­se­re Liebs­ten ma­chen, von den Gren­zen und Fra­gen, die das Äl­ter­wer­den an uns stel­len.
Je­sus meint, dass wir un­ser Ver­trau­en und un­se­re Lie­be zu Gott und ihn im­mer grö­ßer sein las­sen als al­le Angst und Sor­ge. Das Ver­trau­en soll ei­ne Woh­nung sein, in der wir Be­ru­hi­gung, Ge­bor­gen­heit und Er­mu­ti­gung fin­den kön­nen und sol­len. Aber nicht nur das. Im Zu­hau­se Got­tes gibt es, wie wir ge­hört ha­ben, vie­le Woh­nun­gen, so vie­le, wie es mensch­li­che Sehn­sucht nach Zu­hau­se gibt. Da wird nie­mand zu nix ge­zwun­gen, auch nicht zur Tau­fe, um die Ver­hei­ßung zu ei­ner ewi­gen Woh­nung zu ha­ben.
Das sind auch kei­ne Ge­mein­schafts­un­ter­künf­te, in de­nen es kei­ne In­di­vi­dua­li­tät und kei­ne In­ti­mi­tät mehr gibt. Mit sol­chen Zu­kunfts­aus­sich­ten kön­nen wir jetzt schon ver­su­chen, Woh­nun­gen für­ein­an­der zu ge­ben und zu sein, die ein gro­ßes Maß an Zu­hau­se und Ge­bor­gen­heit schen­ken, die wie­der­um über sich selbst hin­aus­wei­sen in je­nes Ge­heim­nis, das wir „Gott“ nen­nen. Das mö­ge vie­len Men­schen ge­schenkt sein. Amen.

(P. Tho­mas Röhr OCT)