(Apg 10; 1 Joh 4, 7–10; Joh 15, 9–17)
Liebe Schwestern und Brüder,
am Anfang des Christentums stehen einschneidende und revolutionäre Innovationen, von denen wir heute nur träumen können. Gott selber mischt da mächtig mit in Form von Visionen und Einsichten, die er in den Herzen von Menschen aufblitzen lässt. Bedenken wir, dass die ersten Jüngerinnen und Jünger alle im Judentum verwurzelt waren, wie Jesus selber bis zuletzt ja auch. Bedenken wir weiterhin, dass der heidnische, römische Hauptmann Kornelius kein Heide in dem Sinne war, wie wir heute das Wort „Heide“ in der Regel benutzen, wenn wir von religionsfreien Menschen sprechen. Schließlich heißt es von Kornelius, dass er mit seinem ganzen Haus fromm und gottesfürchtig war, reichlich Almosen spendete und beständig zu Gott betete. Er lebte also eine Freundschaft Gottes, wie sie auch heute Menschen leben, wenn sie versuchen, auf Wegen der Liebe zu wandeln, und das kann man ganz gut auch ohne Religion.
Auch die Verzückung des Petrus ist entzückend, weil er, Gott sei Dank!, die Offenheit hatte, von wichtigen, religiösen Dogmen zu lassen, weil er immer noch auf die Stimme Gottes hören und ihr folgen konnte. Nicht nur ihm, sondern allen, die Menschen gerne in rein und unrein, gottvoll und gottlos, heilig und unheilig, einteilen möchten, schreibt Gott ins Stammbuch ihres Lebens und Denkens, dass alle Menschen seine Kinder sind. Diese gemeinsame Würde drückt sich auch darin aus, dass allen die gleiche Würde zukommt und nicht nur jenen, die sich gerne „Würdenträger“ nennen und nennen lassen.
„Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch“, sagt Petrus zu Kornelius, als dieser sich vor ihm niederkniete. Diese Demut ist leider bis heute auch nicht selbstverständlich verbreitet.
Ja, wie recht hat Petrus, wenn er feststellt, dass man keinen Menschen unheilig nennen darf, nur, weil er vielleicht nicht religiös ist oder moralisch so heilig, wie das die Moraltheologie erwartet. „Gott fürchten“ heißt doch auch, neben dem Geheimnis, das wir „Gott“ nennen, auch dem Leben insgesamt mit Demut und Ehrfurcht zu begegnen. Um zu tun, was recht ist, braucht man keinen Katechismus, sondern den Geist der Liebe, was der Heilige Geist auch prompt bestätigt, indem er auf alle herabkam, die Petrus zuhörten. Klar, dass Petrus und seine Begleiter nicht fassen können, dass der Heilige Geist schon ohne Taufe da sein kann. Dies sollte uns auch heute zu denken geben, vor allem, wenn wir meinen, wir müssten das Heil erst zu den „Heiden“ bringen.
Nun, es muss auch nicht angeordnet werden, alle zu taufen, die diesen Geist in sich tragen. Denn nicht auf die Taufe kommt es an, sondern auf den Geist, der uns erfüllt. Der Johannesbrief bringt es auf den Punkt, wenn es da heißt: „Jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt. Denn Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4, 7f). Amen.
(P. Thomas Röhr OCT)